von Jan Mieser
Sehnsucht
Ich schließe meine Augen, denn ich will ihnen nicht trauen.
Hinter dem Licht der Lider finde ich Dich wieder.
Hautnah an Deinem Lachen,
das Dich strahlen lässt über beide Backen.
Das Haar wellt sich,
denn das Salz in der Luft lädt es ein zu tanzen.
Ich mache kurz Halt und verweile bei dem Duft, der aufsteigt, sobald ich von Dir träume
und reiße die Augen auf,
bevor ich die Schönheit der Sehnsucht nach Dir noch versäume.
Rosen
Das letzte Mal, als ich durch die Steppe lief, habe ich mich an einer Rose gerissen und aus der Wunde rann das Blut direkt in mein Gewissen. Ich hatte das Licht erspäht, wie auf unzählbaren schönen Tautropfen blitzend, bevor mich etwas niederschlug und ich litt, denn ich erkannte, nichts sollte mich beschützen. Und wie meine Angst verebbte und ich wieder Kraft erlangte, fühlte ich mich reicher, nichts mehr zu besitzen.
Meine Seele ist geplündert, die Kleider abgestreift. Atem füllt die Kehle, die nach Rat verlangen würde, um sich damit zu bestücken, wäre jemand hier, der wüsste, in seiner Not um ihn zu bitten. Nie mehr muss ich wispern oder unterdrücken, denn alles, was mir entrissen, verlor ich, um mich zu rüsten. Jeden Ehemaligen, den meine Wut vertrieb, dürfte ich jetzt vermissen, doch was mir noch von ihnen übrig blieb, war die verwehte Asche, die mich daran erinnert, dass jede brennende Brücke Wärme brachte. Und eines Morgens, wie ich wachte, sticht etwas Spitzes in meine Haut und etwas Schaurig-Altbekanntes zwingt sich durch den dunklen Ruß ins Leben – in meiner einsamen Einöde sollte es wieder Rosen geben.
Seltsame Welt
Diese Welt in allen Rahmen
ist so seltsam, sie könnte ein Geheimnis sein.
In Vergessenheit geraten, wie ein längst verwitterter Reim.
Man spürt sie noch atmen, ahnt, dass sie sich vereint, erkennt sie als ein Ganzes
und ist verblüfft, denn man sei von ihr ein Teil.
Doch was soll es bedeuten?
© Jan Mieser 2024-09-05