von Ina Nym
Wie sagt man etwas, wofĂŒr einem die Worte fehlen?
Mein Kopf ist voller Gedanken, Geschichten und Dingen, die ich zum Ausdruck bringen möchte, aber nichts rĂŒhrt sich. Kein Satz verlĂ€sst meine Lippen, meine Finger können weder schreiben, noch malen, noch sonstiges, was mir frĂŒher immer Erleichterung verschafft hat.
Die Zeit lĂ€uft und ich bleibe versteinert, wie ein kristallines Relikt in ihrem reiĂenden Fluss.
Alles bedeutungsvoll und gleichsam banal. Soll es mich berĂŒhren? Soll es mich kĂ€lter lassen?
Ist das wirklich mein Zuhause? All diese fremden Gesichter. Menschen, die sich auszukennen scheinen, die âes schaffenâ, die fĂ€hig sind, dieses Leben zu bĂ€ndigen und wissen, wo sie entlang gehen mĂŒssen, um dorthin zu gelangen, wo sie immer schon hinwollten.
Sie scheinen ĂŒber einen untrĂŒglichen inneren Kompass zu verfĂŒgen, der sie unweigerlich dorthin bringt, wo sie hingehören.
Aber ich? Ich erfahre tĂ€glich Dinge, die âman machtâ, âman wissen mussâ oder â mein persönlicher Favorit: âDu bist SO ALT und weiĂt das gar nicht?â
Nein. Noch nie gehört. Wie auch? Ich lebe zum ersten Mal â und als die grundlegenden Infos verteilt wurden, muss ich wohl gerade abwesend gewesen sein â und die âHigh-Archieverâ unserer Gesellschaft teilen ihr Wissen ungern â und wenn, dann nur, wenn man ihnen einen Tribut aus Geld â und nicht selten auch Angst und AbhĂ€ngigkeit â zollt.
Irgendjemand hat allem Anschein nach ausgerechnet ĂŒber ihnen das FĂŒllhorn der Weisheit unserer Gesellschaft ausgeschĂŒttet. Davon waren sie allerdings so voll, dass sie fortan missbilligend auf all jene tragischen Geschöpfe herabzusehen vermochten, denen dieses GlĂŒck ewigiger Weisheit nicht zuteilgeworden war. Alle, die es anders machen, werden kritisch beĂ€ugt und mit dem Satz: âDu weiĂt aber schon, dass das diese und jene Konsequenz haben wirdâ sich selbst ĂŒberlassen. Das MitgefĂŒhl haben wohl andere erhalten.
Leben auf der Ideallinie. Maschinell.
Triff die richtigen Entscheidungen â und zwar ausschlieĂlich. Verler keine Zeit. ErnĂ€hre dich perfekt. Funktioniere reibungslos. WeiĂ, was du willst und erreiche es ohne Umschweife. Umgib dich mit den richtigen Leuten.
Wenn nicht, dann bist du selbst schuld â und komm dann bloĂ nicht jammern, denn wir haben es dir frĂŒh genug gesagt, wie man es macht.
Geh uns aus den Augen, wenn du es nicht so kannst, wie wir. So etwas wollen wir nicht sehen. Damit können und wollen wir uns nicht befassen, wÀhrend wir unsere high-end-Leben planen, gestalten und Leben.
FĂŒr deine Misere bist du selbst verantwortlich! Niemand möchte davon hören â sieh besser zu, wie du dir eine gute Geschichte ĂŒberlegst, um deine Fehler zu rechtfertigen.
Leg dir deine persönliche Maske zu, um nur ja nicht aufzufallen, geĂ€chtet und ausgeschlossen zu werden. Vielleicht gibt man dir dann ja eine letzte Chance, zu funktionierenâŠ
© Ina Nym 2024-03-14