Eierschalen und ausgepresste Zitronen

Karin Buchart

von Karin Buchart

Story

Jetzt habe ich das Gefühl, ich sollte die Eierschalen auch noch für irgendwas verwenden. Weil einfach so wegwerfen? Ich weiß nicht, ob ich schon einmal über Eierschalen nachgedacht hab. Aber jetzt sind andere Zeiten. Ich bekommen Grenzen aufgedrängt. Und innerhalb dieser Grenzen fallen mir jetzt Dinge auf, auf die ich vorher nicht gekommen wäre.

Da gibt es doch dieses alte Rezept, wo man die Eierschalen in Zitronensaft auflöst und ein Knochenelixier daraus macht. Aber nein, das geht zu weit. Obwohl der Zitronensaft so heftig zu säuseln beginnt, wenn er auf die Schalen trifft. Das ist schon interessant. Da gibt es wohl zwei, die so schnell wie möglich zusammen wollen!

Und die Zitronenschalen, die duften so gut, aus denen mach ich auch noch was. Die liegen sonst sowieso jahrelang im Kompost, weil die konservieren sich selbst. Ich könnte einen Auszug machen, vielleicht lege ich sie in Essig ein und mache ein Putzmittel draus.

Mein Haushalt wird jetzt runder. Wie von selbst. Wenn Blicke, Düfte und Geschmäcker sich in der Küche anreichern macht das was mit mir. Natürlich nur, wenn ich mich in der Küche aufhalte und das tu ich jetzt ständig. Und wenn ich die Muse dazu hab. Wie lange habe ich versucht, noch etwas mehr Zeit für meine Experimente zu haben, für die vielen spannenden Rezepte und zum Kosten und zum Naschen und überall dran riechen?

Alles fällt mir jetzt auf. Auch alles, was ich sonst vielleicht einfach weggeworfen hätte.

Ich rieche am Zitronenessig. Er hat den spitzen Apfelessig in einen Italienurlaub verwandelt! Der Zitronenessig ist mir zu schade zum Putzen, zumindest die erste Flasche. Ich lasse ihn noch ein paar Tage stehen, obwohl die Essigsäure eine solche Kraft hat, die löst ziemlich viel und schnell.

Es soll ja Aromen geben, die sich gegenseitig ergänzen, und dann einen Orkan in der Nase auslösen. Und ob ihr es glaubt oder nicht, Zitrone und schwarzer Pfeffer sind so ein Paar. Also nehme ich noch ein paar schwarze Pfefferkörner, langer Pfeffer ginge auch gut, weil der hat noch mehr Piperin, quetsche sie und lasse ihr Schärfe heraus. Dann gebe ich sie schnell in den Zitronenessig.

Ich werde dem abgeseihten Zitronenessig mit der Pfefferspitze noch Honig einrühren, dann ist er perfekt. Auf die Süße darf ich nicht vergessen, die gehört immer dazu.

Und jetzt nur noch mit Wasser aufgießen. Es schmeckt süßsauer und bittersüß zugleich und dazu noch der kleine Schärfereiz! Ich weiß nicht, ob ich ohne Coronavirus die Muse zu diesem säuerlichem Getränk gehabt hätte. Übrigens: die Zitronensäure liebt Kalzium und wenn sie es findet schäumt sie vor Freude! Sie zähmt das spröde Kalzium, macht es weich und handsam. Manche Verbindlichkeiten sind einfach gut.

© Karin Buchart 2020-04-10

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