Ein Italo-Wiener erzÀhlt

Ludovico Lucchesi Palli

von Ludovico Lucchesi Palli

Story

Ich bin vor fast 35 Jahren in Wien geboren, aber meine Eltern kommen aus Italien. Meine Mutter kommt ursprĂŒnglich aus Genua, aber ist in Piemont aufgewachsen. Mein Vater ist zwar in der Steiermark geboren und aufgewachsen aber hat dann in Florenz studiert und hat auch in Italien begonnen zu arbeiten. Erst im FrĂŒhjahr 1984 sind sie nach Wien gezogen, wo ich dann im September 1985 geboren wurde.

Zu Hause wurde immer deutsch und italienisch gesprochen. Daran hat sich bis heute nichts geĂ€ndert. Mit meiner Mutter rede ich immer italienisch, mit meinem Vater immer deutsch. In den Ferien, meistens in den Sommerferien, habe ich immer viel Zeit in Italien verbracht. Dort habe ich ĂŒber die Jahre viele Freundschaften geschlossen, die bis heute halten.

Ich habe die Zeit in Italien immer besonders genossen, aber es war trotzdem so, dass ich gemerkt habe, dass ich nicht dazu gehöre. NatĂŒrlich war es so, dass ich die Freunde dort nur wenige Male im Jahr gesehen habe und man muss auch bedenken, dass es vor 20 Jahren weder facebook noch whatsapp gab, aber es irritierte mich irgendwie, dass wir einander einerseits so Ă€hnlich aber doch so verschieden waren.

Was mich auch Ă€rgerte war, wenn man mich in Italien als Österreicher abgestempelt hat. Ich habe einen italienischen Namen und einen italienischen Pass. GenĂŒgt das nicht? FrĂŒher habe ich das nicht verstanden. Heute verstehe ich es, aber sehe es eher als eine Bereicherung. Ich kann mich auch gut erinnern, wie es war, wenn ich bestimmte italienische AusdrĂŒcke nicht verstanden hatte oder irgendwelche Serien oder Ă€hnliches nicht kannte, weil es diese nur in Italien gab. Das hatte mich immer sehr verĂ€rgert. Aber inzwischen ist das natĂŒrlich völlig unwichtig.

In Österreich ist es natĂŒrlich ein wenig anders. Mit vielen meiner Freunde habe ich wichtige Etappen meines Lebens durchgemacht, wie etwa Erstkommunion, Firmung, Tanzschule. Da kennt man sich natĂŒrlich besser. Aber es kommt schon oft vor, dass ich als Italiener abgestempelt werde. Aber das ist dann schön. Das liegt aber daran, dass ich in Wien zu Hause bin und mich natĂŒrlich hier wohlfĂŒhle. In Italien fĂŒhle ich mich auch wohl, aber habe dort nur die Ferien immer verbracht. NatĂŒrlich habe dort auch Familie und sehr gute Freunde, aber Wien wird fĂŒr immer meine Heimat sein.

Ich genieße es inzwischen sehr Freunde sowohl in Italien als auch in Österreich zu haben. NatĂŒrlich habe ich mehr Kontakt zu Freunden in Wien, aber dank den heutigen Kommunikationsmöglichkeiten, habe ich auch mit meinen italienischen Freunden Kontakt.

Diese beiden Kulturen sind ein Teil von mir. Das kann mir keiner nehmen. Es mag zwar nicht immer einfach sein, aber ich bin besonders dankbar dafĂŒr und freue mich, dass ich mich in beiden Welten wohlfĂŒhle.

Viele Menschen bewundern mich dafĂŒr, dass ich mit 2 Kulturen aufgewachsen bin. FrĂŒher habe ich es nicht verstanden, weil es so selbstverstĂ€ndlich war.



© Ludovico Lucchesi Palli 2020-07-28

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