Ein lieber Freund und Kenner guter Weine

Franziskus Heereman OSB

von Franziskus Heereman OSB

Story

Spontan fällt es mir schwer zu benennen, was ich von Abt Burkhard gelernt habe, aber ich habe ihn gemocht, – und er mich. Ăśber viele Jahre ergänzte er den gedruckten WeihnachtsgruĂź seines Stiftes mit einigen persönlichen – in der Regel schwer zu entziffernden – Worten, die endeten mit: „Dein fr. Burkhard, der Dich schätzt und mag“. Vielleicht endeten viele seiner WeihnachtsgrĂĽĂźe so; dennoch habe ich das nie als stereotyp oder einfach nur so daher gesagt empfunden. Dazu war er viel zu offen und geradeheraus.

Erste Begegnungen mit Abt Burkhard fanden während der Tagungen der Salzburger Äbtekonferenz und des Äbtekongresses statt. Später begegneten wir uns immer wieder bei den Zusammenkünften der Kommission, die sich die Neuübersetzung der Benediktusregel und ihrer Kommentierung zur Aufgabe gemacht hatte.

Die Kommission traf sich mehrfach pro Jahr in einem der Klöster der Mitglieder; so auch immer wieder in Melk. Hier durften wir die herzliche und großzügige Gastfreundschaft des Abtes und seiner Gemeinschaft erfahren. Besonders stolz war Abt Burkhard auf seinen exzellent sortierten Weinkeller. So lud er uns regelmäßig dorthin zu einer Weinkost ein, bei der er seine Schätze präsentierte und kommentierte. Für mich war das eine neue Welt, in der ich als Norddeutscher nicht so recht mithalten konnte.

Als wir uns einmal bei den Mitbrüdern in der Abtei Muri-Gries in Bozen trafen, wurde uns eines Abends der dort im Klostergarten wachsende Lagrein kredenzt, ein in der Regel köstlicher Rotwein mit reichem Bouquet. Als ich den ersten Schluck nahm, merkte ich, dass der Wein nach Korken schmeckte. Halblaut bemerkte ich zu meinem Nachbarn „Stoppel“ (so viel hatte ich schon von der önologischen Terminologie mitbekommen). Worauf ein anderes Mitglied der Runde meinte: „Nein, nein! Das ist der typische Chardonnay-Geschmack.“ Abt Burkhard meinte daraufhin, man könne ja mal eine andere Flasche aufmachen und dann den Geschmack vergleichen. Es stellte sich heraus, dass ich mich nicht geirrt hatte. Der zweite Wein schmeckte ganz anders.

Vermutlich hätte ich die kleine Begebenheit bald vergessen, wenn Abt Burkhard von nun an nicht bei mir einen profunden Weinkenner vermutet hätte (der ich bis heute nicht bin). Immer wieder kam es vor, dass er nach meinem Urteil zu einem Wein fragte. Das war seine Weise Wertschätzung auszudrücken.

Nach dem Ende der Arbeit der Regelkommission und seiner Amtszeit sind wir uns leider nie mehr begegnet. Als ich ihn auf einer Reise von Wien nach Heidelberg (unangemeldet) besuchen wollte, war Abt Burkhard nicht daheim. Doch bis an sein Lebensende kam Jahr für Jahr ein Weihnachtsgruß, mit dem er bekräftigte, dass er mich schätze und mochte. So bleibt er mir als treuer Freund und Mitbruder in Erinnerung.

Abt em. Franziskus Heereman OSB, Neuburg/Frankfurt

© Franziskus Heereman OSB 2022-08-18

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