von Veronika Wlasaty
Stets auf der Suche nach Reformideen und Lösungen absolvierte ich vor Jahren eine Ausbildung zur Schulentwicklungsberaterin. Ich hoffte immer noch, in diesem trĂ€gen System etwas âbewegenâ zu können. Stattdessen habe ich mich bewegt. Ich verfasste, wie im Lehrgang verlangt, ein Lerntagebuch, das mir dazu verhalf Klarheit zu gewinnen. Die Klarheit, dass ich nicht mehr Teil dieses Systems sein wollte. Ich kĂŒndigte âins Blaueâ, nur eins wissend: Ich wollte weiter schreiben. Aus dem Tagebuch wurde mein erstes Buch, in das ich meine Erlebnisse und Erfahrungen als Lehrerin packte, meine Kritik und meine Visionen. Wenn ich wĂ€hrend des Schreibens die potentiellen LeserInnen mitdachte, wurde mir oft etwas mulmig zu Mute. Mein Innerstes nach auĂen zu kehren, machte mich angreifbar und verwundbar. SeiÂŽs drum. Veröffentlichung âon commandâ. Neue Erfahrungen mit dem Verlags- und Vertragswesen und dessen HĂŒrden. Nicht gerade ermutigend fĂŒr Möchtegern-Autoren. Ich bin weder prominent – als Promi kannst du Anfang 30 deine Memoiren verfassen -, kann mit keiner auĂergewöhnlichen Idee, wie z. B. einem neuen AufrĂ€umsystem aufwarten, und habe nichts SpektakulĂ€res er- bzw. ĂŒberlebt, mit dem ich den ausgeprĂ€gten Voyerismus unserer Zeit bedienen könnte. Ich habe nur mich und meine Reflexionen, mit denen ich gerne zu einem – groĂe Worte, ich weiĂ â Bewusstseinswandel beitragen möchte.
Unerwartet stieĂ ich eines Tages dann doch auf einen Verlag, der mir seriös und auf einer WellenlĂ€nge schien. Ganz gegen den Mainstream, der nur den Gewinn vor Augen hat, wollte er neben berĂŒhmten Bestsellerautoren auch Werke unbekannter Schriftsteller veröffentlichen. Ich sandte ein. Und wirklich, innerhalb der versprochenen Frist teilte man mir mit, alles entsprĂ€che voll und ganz den Erwartungen und AnsprĂŒchen der so âedelgesinntenâ Gesellschaft, sodass man mir schon vorab ein ganzes Paket an Leistungen zusichern könne: weltweiter Vertrieb, PrĂ€sentation auf Buchmessen, Kontakte mit Pressevertretern, Lesereisen ⊠– so musste der Autorenhimmel aussehen!
Der Vertrag lag bei, ich sollte nur mehr unterzeichnen. Eine leise, lĂ€stige Stimme insistierte hartnĂ€ckig, auch noch das Ă€uĂerst Kleingedruckte zu ĂŒberfliegen. Stand da tatsĂ€chlich: Vorab sind 13.500 Euro Produktionskosten zu vergĂŒten?
Der Vertrag, den keine Unterschrift ziert, gammelt auf meinem Schreibtisch vor sich hin. Nicht dass ich ihn noch benötigen wĂŒrde. Er erinnert an das, was bis zu besagter Stelle möglich gewesen wĂ€re – und an das VerfĂŒhrungspotential der (Wunsch-)NaivitĂ€t.
Heute hat sich der Verlag noch einmal gemeldet. Er fragt an, ob ich das Konzept richtig verstanden hĂ€tte und versichert mir, dass mein Geld bis zum letzten Cent gewinnbringend in meinem Sinn angelegt wĂŒrde. Man bietet mir eine andere Lösung an, sollte die aktuelle nicht passen. Was könnte das sein? 10 Prozent Preisnachlass, Ratenzahlung oder Kreditvergabe? Meine Neugier hĂ€lt sich in Grenzen.
© Veronika Wlasaty 2019-10-08