von Sabine Steinhoff
Als Libuse und Grismu über den dramatischen Auftritt meines schwarzen Hahnes so lachen mussten, dass sie sich auf der Wiese kringelten, wurde er nur noch wütender. Irgendwann konnte ich dann Filou beruhigen und wir setzten uns wieder hin. Wir Hexen plauderten angeregt weiter, denn schließlich hatten wir zweihundert Jahre nachzuholen. Eine ganze Zeit später wollte Libuse Aufstehen, um sich zu recken und zu strecken. Als sie stand, wollte sie einen Schritt nach vorne machen. Dabei fiel sie erstaunt quietschend der Länge nach hin, weil ihre Schnürsenkel verknotet waren. Nun war es Filou der lauthals loslachte, denn das sah wirklich lustig aus. Auch ich musste mir mit aller Macht einen Lachkrampf verkneifen. So lustig, wie ihr Hut im hohen Bogen von ihrem Kopf flog und ihre karottenroten Haare zu Berge standen. Fast hätte sich ihre lange, spitze Hexennase mit der Warze darauf in den Erdboden gebohrt. Aber Filou konnte dies unmöglich gewesen sein, denn er saß noch beleidigt in einigem Abstand von uns entfernt auf einem Baum. Und hexen konnte er ja bekanntlich noch nicht. Libuse wurde zornig. Sie lief purpurrot an und verhexte Filou in eine dicke blaue Raupe. Als er so da lag, völlig dick und stumm, hörten wir auf einmal etwas. Da war doch noch ein Kichern? In Windeseile zauberte ich den Busch weg, aus dem das Kichern kam. Und dann sahen wir ihn. Da stand ein kleiner frecher Kobold, der sich kichernd den Mund zu hielt. Klein und rund stand er da. Seine lila Haare standen in alle Richtungen ab. Nun war er ganz erschrocken, denn ab diesem Moment konnte er sich nicht mehr unsichtbar machen, weil wir ihn entdeckt hatten. Zerknirscht schaute er auf seine übergroßen, spitzen Koboldschuhe und murmelte ein verlegenes
„Tschuldigung“
Wie er so da stand und verlegen mit seinen großen Schuhen umherscharrte mit seinen wilden Haaren und den schamroten Bäckchen mussten wir herzlich lachen. Wir konnten nicht böse sein, denn Kobolde tun ständig so etwas. Sie können gar nicht anders. Er hieß Flupsi und nun musste er uns für den Rest des Nachmittags bedienen, denn so will es das alte Koboldgesetz. Kobolde müssen immer Streiche spielen, dürfen sich dabei jedoch nie erwischen lassen. Und passiert es dennoch einmal, müssen sie demjenigen dienen, der sie entdeckt hat. Dabei hatte Flupsi noch Glück mit uns, denn wir Hexen würden ihn am Ende des Tages im Zauberwald lassen und dort konnte er dann weiter sein Unwesen treiben. Das stimmte den frechen kleinen Kobold dann auch wieder fröhlich. Nur Filou war beleidigt als Libuse ihn wieder zurückverwandelt hatte.
„Wenn ich das jetzt gewesen wäre, hätte es mächtigen Ärger gegeben, aber der kleine Fratz da darf das natürlich.“ ,schimpfte er.
Den Rest des Tages konnten wir ungestört weiter picknicken. Nun hatten wir sogar einen eifrigen kleinen Kobold, der die ganze Zeit Essenshäppchen für uns auf die Teller lud und uns vom köstlichen Krötengrütztee nachschenkte. Welch ein Luxus.
© Sabine Steinhoff 2021-07-25