Meine Rede zur Verleihung des Oskar Kokoschka Preises 2014, die ich nicht halten durfte! Noch bevor sich der Festredner aus seinem Stuhl erhoben hat, erreiche ich das Pult und kann meine Ansprache immerhin beginnen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte nicht versäumen, Ihnen und uns zur heutigen Entscheidung zu gratulieren. Ich bin Galerist und ein unbescholtener Bürger dieses Landes. Es steht wohl außer Zweifel, nicht nur in diesem Kreise, dass wir es mit einem der genialsten Künstler des 20. Jahrhunderts zu tun haben, mit einem herausragenden Vertreter der Malerei, wenn wir heute schon den Geburtstag von Oskar Kokoschka feiern. Da liegt nichts näher, als jenen Mann mit dem Namen Kokoschka zu dekorieren, der schon vor Jahrzehnten höchstpersönlich der Malerei den Totenschein ausgestellt hat.
An dieser Stelle packt mich ein Muskelmann und ich beuge mich der Gewalt. Eine Handvoll spendet Applaus – meinem Auftritt oder meinem Abgang sei dahingestellt. Was ich noch sagen wollte, aber nicht durfte: Es steht mir nicht zu, die künstlerischen Leistungen des Ausgezeichneten zu beurteilen, aber meine Meinung darf ich hoffentlich sagen: es gibt Bessere. Allein in Österreich kenne ich dutzende, ja hunderte Künstler und Künstlerinnen, die ausgezeichnet sind, aber nie ausgezeichnet werden. Da muss in einer Demokratie wohl die Frage erlaubt sein, wie solche Jury-Entscheidungen zustande kommen.
Bisherige Entscheidungen, egal ob Kokoschka-Preis oder Staatspreis – immer wenn Geld im Spiel ist und ein Geehrter nicht nur einen warmen Händedruck bekommt – wurden offenbar mit der Intention getroffen, der Welt zu beweisen welch tolle politische Kultur bei uns herrscht: die Kultur der Freunderlwirtschaft, der Gefälligkeiten und Selbstgefälligkeiten.
Herr Minister, Frau Sektionschefin, vielleicht können Sie mir erklären, was Österreich der Welt beweisen will, wenn man Künstlern wie Yoko Ono oder Raymond Pettibon 20.000 Euro Steuergeld rüber schiebt. Mickrige 20.000 Euro – die merkt Yoko gar nicht, wenn sie ihre Kontoauszüge für die Tantiemen von Jonny prüft.
Dagegen gibt es aber dutzende, ja hunderte Künstler und Künstlerinnen in Österreich, die ausgezeichnet sind, aber nie ausgezeichnet werden! Künstler, die mit so einem Preisgeld ein Jahr oder länger sorglos schaffen könnten! Aber eine abgehobene Jury mit dem weltweiten Horizont kann in solchen Tiefen offenbar nicht graben. Abschließend würde mich daher von unserem neuen Minister nur interessieren, ob er diese antisozialdemokratische Politik prolongieren wird, oder ob ihm einmal etwas Neues einfallen wird.
Leider konnte ich mich an der Stelle nicht für die Aufmerksamkeit des Publikums bedanken.
Nachsatz: Der Oskar Kokoschka Preis 2014 ging an Peter Weibel.
© Hubert Thurnhofer 2024-01-14