von Giggu
Wie wir wissen, gibt es den Zustand „vorher“ oder „nachher“ auch bei Flaschen. Das kommt auf den Zeitpunkt und die Gelegenheit an.
Gehen wir einmal ein Stück zurück: Da wäre die Flaschenpost, die ist zwischenzeitlich abgekommen. Kaum einer verirrt sich nunmehr auf eine einsame Insel und hat Flasche samt Schreibzeug mit. Es hätte auch gar keinen Sinn, weil bereits unübersichtlich viele Flaschen im Müll der Meere schwimmen. Betrüblich und ärgerlich. Apropos Ärger.
Wenn man wütend ist und einem das eigene Karma in diesem Moment egal ist, bezeichnet man unfähige Mitmenschen gerne mit: Der/die ist eine Flasche! Das wären dann übrigens echte Bio–Flaschen, wenn ich es so keck anmerken darf. Aber ich wollte eigentlich von einer „Jugendsünde“ erzählen, die sich letztens in meinen Gehirnzellen vor- und aufgedrängt hat:
Ende der 60er-Jahre kauften wir für unsere Partys 2-Liter-Glykol-Fusel-Gebinde (= Weißwein). Die Qualität ließ zu wünschen übrig, aber der Wein war billig, konnte mit Sodawasser gestreckt werden und die Kopfschmerz-Tablette war schon inkludiert. Das war zwar nicht sehr intelligent von uns, aber unserem niedrigen Pegelstand in der Geldbörse geschuldet. Mit Musik und Tanz ging die Fete los! Bei prächtiger Stimmung und in vorgerückter Stunde hatte garantiert irgendjemand die dumme Idee: „Spielen wir Flaschendrehen!„. Ich sage nur: Peinlich, gefürchtet und selten prickelnd. (Aber schließe dich da einmal aus – bist gleich eine Zicke!)
Eine andere Unterhaltung, nämlich „Flaschensteigen“, gab es auch. Allerdings konnte man dieses Spiel in der üblichen Clique nur ein einziges Mal spielen. Und das ging so: Die frechsten jungen Herren schickten wir vor die Türe. In der Zwischenzeit stellten wir am Boden eine Reihe leerer Flaschen mit jeweils genügend Zwischenraum auf. Der erste „Steiger“ wurde hereingebeten und sollte sich den Parcours, den er danach blind zurückzulegen hatte, genau einprägen. Es durfte beim Übersteigen keine Flasche berührt werden. Dann verband man ihm die Augen. Durch begleitende, anspornende Zurufe der übrigen Zuschauer absolvierte er im Storchenschritt und mit äußerster Vorsicht die Strecke. Danach kam der nächste Kandidat.
Es war ausgesprochen heiter zuzusehen, wie ehrgeizig und behutsam die jungen Herren über den Parcours „stelzten“. (Bitte kein Mitleid, wir Mädels hatten die Burschen ja beim Flaschendrehen schon amüsiert!). Warum wir bei den einzelnen Durchgängen besonders herzhaft lachen mussten?
Die Flaschenreihe wurde heimlich und leise abgeräumt, bevor noch der jeweilige „blinde“ Protagonist zum ersten Schritt auf das in Wirklichkeit leere Parkett vorsichtig ansetzte.
Ich gebe zu, wir waren damals sehr leicht zu unterhalten!
Zurück zur Flaschenpost! Ich frage mich, von wem ich gerne eine Flaschenpost-Nachricht bekäme. Muss nachdenken…
© Giggu 2024-10-14