von Margaretha Husek
Ich freue mich jedes Jahr bei frühlingshaftem Vogelgezwitscher auf den Bärlauch. Wenn der erstmals den Knoblauchduft auf freier Wiese und im Wienerwald verbreitet, bin ich nicht mehr zu halten.
„Auf geht’s in den Dorotheerwald!“, entschied unser Wanderführer, der Knickerbocker-Kurt und fügte launig hinzu: „Die drei G-Regeln bitte einhalten: gkampelt, gschneizt und gstriegelt.“
Bei unserer Wanderung waren die Teilnehmer betreffend Bärlauch gespalten. Die einen mochten ihn, die anderen lehnten ihn ab. Kurt warnte uns mit der Verwechslung mit Maiglöckchen. Salomonsiegel hätte eine andere Blattaufteilung und Maiglöckchen wachsen später, argumentierten einige von uns. Außerdem riechen die Hände nach Knoblauch nach dem Pflücken. Wer zur Maiglöckchenzeit noch Bärlauch pflücke, dem sei sowieso nicht zu helfen. Dann sind nämlich seine Blätter schon ledrig und kaum aromatisch.
Der Knickerbocker-Kurt nahm beim Auftauchen der grünen Spitzen aus feuchtem Waldboden schneller Reißaus als Graf Dracula. Er setzte sich auf eine etwas abseits stehende Holzbank.
Während des Pflückens tauschten wir Bärlauchbegeisterten Rezepte aus. Ich liebe den Bärlauch und hatte schon eine vielfältige Rezeptsammlung für Knofelspinat mit frischen Brennnesselspitzen, Pesto und Suppe. „Mit Milch oder Schlagobers, wird er ganz mild“, teilte ich meine Erfahrung mit. Neben mir langweilte sich Ewa, die etwas geringschätzig uns beim Pflücken zusah und anschließend dem Kurt Gesellschaft leistete.
Auch Florian beobachtete uns, wie wir in gebückter Haltung zupften. „Ich bevorzuge dazu Joghurt. Es ist auch pikanter. Der Bärlauch ist eine blutreinigende Frühjahrskur. Ungeachtet der Vierbeiner, die dort schon vor uns am Bärlauch geschnüffelt haben. Mancherorts kennt man ihn unter dem Namen Hundsknoblauch. Kein Tier frisst einen Bärlauch, nur Menschen essen ihn“, amüsierte sich Florian, der seit zwei Stunden mit seiner rechten Hand in einer Pringles-Dose feststeckte. Das Hemd spannte sich beim Bauch. Also ging es ihm gut, schmunzelte ich.
Susanne, eine hinzugekommene Wanderin in unserer Gruppe und begeisterte Köchin, gab ihre Rezepte preis. „Ich gebe in das Pesto noch ein paar scharfe Chilis, Pinienkerne und je nach Belieben Bergkäse dazu, eventuell auch ein Schuss Zitrone für ein bisschen Säure. Die etwas kräftiger schmeckenden Bärlauchkapern, also die Blütenknospen, passen herrlich auch zu Steak oder in Nudelgerichte. Die Zubereitung eines Bärlauch-Hefezopfes benötigt aber einige Zeit.“
„Ein Bärlauch-Hefezopf? Na, ich weiß nicht“, raunzte Florian skeptisch und schob sich eine Pringles in den Mund.
„Eine 5 Sterne-Hauberlköchin duldet keinen Widerspruch von Laien“, mischte sich Kurt ein, der nun auf einem umgefallenen Baumstamm saß. „Für alle Bärlauchgerichte gilt am Ende des Kochvorgangs alles unter gleichmäßigem Rühren ins Klo kippen. Hab‘ lieber einen Leerbauch, als dass ich esse Bärlauch.“
© Margaretha Husek 2021-08-03