von Gisela Kratky
Kaum ist der letzte Schneefleck weggetaut, leuchten schon überall weiße Gänseblümchen. Diese Pflänzchen beleben jedes noch so kleine Rasenstückchen. Sie kuscheln sich förmlich ins grüne Grasbett und heben selbstbewusst ihre kleinen Köpfchen, um bei den ersten Sonnenstrahlen ihre so charakteristischen kleinen Blüten zu öffnen, die Kinder so besonders lieben! Ein achtloses Darübergehen halten sie aus, um sich nach einer kurzen Pause des Niederdrückens wieder unversehrt der belebenden Sonne zuzuwenden! Wenn die Stängel im Frühsommer länger werden, können geschickte Kinderhände aus ihnen sogar kleine Kränze flechten, so biegsam sind die zarten Stängelchen!
Unsere Enkel leben in Wien und besuchen uns immer wieder im Weinviertler Naturgarten. Hier gibt es viel zum Entdecken und Bestaunen. Greta und Frida sind beide sehr quirlig und lebendig. Bei Gartenbesuchen zeigen sie aber immer wieder diese kindliche Unbeschwertheit des Staunens, gepaart mit ruhiger Beobachtungsgabe! Wir Großeltern werden da besonders beschenkt in diesen sonst so hektischen Zeiten. So geschah es am Ende eines Enkelbesuches im Spätsommer, dass Greta am Weg zum Auto der Eltern eilend, plötzlich innehält, sich vorsichtig niederbeugt, um zarte Gänseblümchen zu pflücken. Jeden Stängel legt sie vorsichtig in die leicht geöffnete Hand. Endlich ruht einer neben dem anderen. Langsam erhebt sie sich. Zufrieden schaut sie ihren kostbaren Schatz an. Dann wendet sie sich zur Omi:“Die möchte ich mit nach Hause nehmen!“Sogleich schließt sie vorsichtig ihre Hand und begiebt sich zum Auto, eine beglückte Omi zurücklassend. So gerne möchte die Omi weitergeben, wie reich beschenkt wir von der Natur werden und wie achtsam wir auch mit dem kleinsten Pflänzchen umgehen sollten! Kinder haben noch diese Gabe. Es ist ein so wunderbarer Ausgleich zu unserer Computer und Handybilderflut, mit der Kinder heute leben. Auch Regenwürmer werden gern bestaunt, wenn sie sich über den Weg schlängeln, werden locker in die Hand genommen und vom Weg an frisches, feuchtes Gras gegeben. Meine Tochter Margit steht dann oft lachend daneben, sich schmunzelnd daran erinnernd, wie sie sich früher immer sehr fürchtete, wenn ihr Bruder Martin seiner Schwester in der Sandkiste voll Freude Regenwürmer auf die nackten Schenkel legte! Die Bewältigung der Klimakrise beginnt in diesen ganz kleinen Schritten. Das zeigen uns Kinder, die voll Staunen und gleichzeitig sehr achtsam mit der Natur umgehen.
© Gisela Kratky 2020-12-26