von Santiago Patiño
Irgendwann, Madrid. Gato Samuel. Ich habe begonnen zu glauben, dass alles auf dieser Welt aus Worten besteht. Mein Leben besteht aus Menschen, deren Wurzeln aus Worten bestehen. Die Worte meiner Frau sind Süße und Freude. Meine Tochter ist Entdeckung und sie ist auch Selbstlosigkeit. Alle Dinge um mich herum sind nichts als Worte. Ich bin das sanfte Wort, aber ich bin auch das verletzende Wort. Seit meiner Geburt wurde der Garten mit Bedeutungen bewässert, die ich erst jetzt, in Madrid, auf demselben Platz, auf dem ich Carla kennenlernte, wiedererkenne und durch den ich sogar gehen kann, meine Blumensammlung bewundernd.
In den Mohnblumen sehe ich meine Kindheit. Ich höre die kalt klingenden Worte meines Vaters und die warmen Dinge, die meine Mutter zu mir gesagt hat. Mir ist als sähe ich zum ersten Mal Kunst und mein Herz ist berauscht. Ich sehe auch die verletzenden Dinge, die toten Blumen, die auf den Boden fallen, um Nahrung für die zu werden, die bald wachsen werden. De cada dolor nace un amor – aus jedem Schmerz wird eine Liebe geboren. So steht es auf der Wand meiner Universität. Neben den Mohnblumen treffe ich die Lilien. In meinen Universitätsjahren fand ich sie, fremd und flüchtig.
Es ist eine so bunte Wiese, dass ich darin alle wiedererkenne, die ich kannte. Am Ende befinden sich die Gänseblümchen, meine Gänseblümchen. Das erste Gänseblümchen war meine Frau, das zweite war meine Tochter. Es sind die größten Blumen in meinem Leben, meinem Garten. Mein Mädchen hat die Welt für sich entdeckt. Ich weiß, dass sie, auch wenn die Zeiten grau werden, in den Gärten der Langeweile, die die Traurigkeit schaffen, tanzen und als neuer Mensch herauswachsen wird. Niemand kann die Traurigkeit für immer tragen. Ihr Garten muss der schönste der Welt sein und das sage ich nicht als Elternteil. Auch sie hat Blumen gefunden, und auch wenn ich ihren Mann nicht mag, will ich doch, dass er einen schönen Garten hat.
Die Krankheit trocknet oft den Garten aus, sie trübt ihn oder macht ihn blind, sodass man ihn nicht mehr sehen kann. Ich schreibe dies an mich selbst, damit ich nicht vergesse, dass die Welt so schön wie grau ist. Mein Gänseblümchen, meine Frau, sieht dem Tod ins Auge, mit dem Krebs auf ihren Schultern. Ich war die ganze Zeit bei ihr und habe mich schon lange damit abgefunden, dass sie vielleicht vor mir stirbt. Sie hat mir gesagt, dass sie nicht sterben wird, weil ich, wie ich Ihnen gesagt habe, die Gänseblümchen in meinem Herzen trage.
Das bedeutet Ewigkeit. Das ist der Garten meiner Worte.
© Santiago Patiño 2023-08-09