GefĂĽllte Paprika

Florian Brody

von Florian Brody

Story

Heute, als die Freundin meiner Tochter erzählte, ihre Mutter würde gekochte Paprika prinzipiell ablehnen, fiel es mir wieder ein: die besten gefüllten Paprika.

Ort der Handlung: Hernals, Geblergasse. Ein Haus – alles Original in Vorkriegsqualität ist eher ein Euphemismus. Kabinett–Küche Wohnung, Bassena, indisches Klo.* Dortselbst wohnte die Großmutter des Ex-Freundes meiner Freundin, mit dem sie manchmal schlief, wenn ihr fad war, oder sie fuhren gemeinsam auf den Semmering übers Wochenende. Ich war eigentlich ganz froh über ein ruhiges Wochenende alleine. Sie ist dann gleich bei mir ausgezogen, was nicht sehr aufwendig war, da sie nie bei mir eingezogen war. Davor sagte sie mir noch, wenn ich sie nicht heirate, trennt sie sich von mir und ich soll froh sein, wenn sie mich heiratet, denn ich werde nie wieder eine andere finden. Manchmal sind wir auch zu dritt weggegangen.

Unter welchen Umständen ich in der Wohnung seiner Großmutter gelandet bin, weiß ich nicht mehr. Es ist zu lange her und letztlich für den Fortgang der Handlung völlig unerheblich. Entweder habe ich ihn gesucht, um ihm irgendetwas zu geben, oder wir trafen uns, um über sie zu sprechen. Ist auch egal.

Jedenfalls gab es gefüllte Paprika in Paradeissoße. Ordentlich im Rohr gemacht im Topf in klassischem braun emailliertem Design, ohne unnötige Blumenverzierung. Gibts heute als Retro auf EBay. Dazu: nichts. Da braucht man nichts dazu. Wenn etwas perfekt ist, braucht es keine Ergänzung. Einfachheit aus Notwendigkeit.

Zwei gefüllte Paprika, grün, gefüllt mit Faschiertem und Reis stehen am Teller in der Paradeissoße. Jedes Mal, wenn ich wieder ein Rezept lese, vegan, auf Thai Art, mit Käse, glutenfrei, mit Pilzrahm, frage ich mich, muss das sein? Offensichtlich.

Die Oma ist sicher schon zu den himmlischen gefüllten Paprika aufgestiegen, die Erinnerung bleibt. Dieses Wochenende mach ich gefüllte Paprika und werde den Kindern die Geschichte erzählen. Das mit dem indischen Klo werden sie mir nicht glauben und für eine der typischen Übertreibungen halten. Wer kommt auf die Idee?

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*Für die Uneingeweihten: Die Wohnungstür führt direkt in die Küche und dann geradeaus weiter ins Kabinett mit einem Fenster auf die Straße. Klein, aber alles da. Strom und Wasser in der Küche gabs schon. Das Klo jenseits des Ganges außerhalb der Wohnung, die Bassena als Wasserstelle (von französisch Bassin = Becken) bei der Stiege, immerhin man muss das Wasser nicht mehr vom Brunnen im Hof holen.

© Florian Brody 2020-08-29

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