Dies ist die immer wieder erzählte Geschichte meiner Ablösung vom Schnuller.
Ich muss wohl etwas um die vier Jahre alt gewesen sein und immer noch am Schnuller hängend, wie an meinem Leben.
Alle wirklichen und alle selbsternannten Erziehungsberechtigten um mich herum, hatten wohl schon alles versucht, um eine Entwöhnung herbei zu führen, aber speziell beim Zubettgehen, wollte ich auf diese lustigen, bunten Tröster nicht verzichten.
Das Problem war wohl auch, dass mein Vater es langsam immer mehr satt hatte, sich abends auf die Suche nach einem der Begierdeobjekte zu machen, denn ich war auch findig darin, meine Lieblinge zu verlieren, zu verstecken, jedenfalls war regelmäßig am Abend kein Schnuller da und die Suche ging wieder los, was mich amüsiert haben soll.
Dann hatte mein Vater eine vermeintlich geniale Idee: “Für jeden Schuller, den du hersuchst und mir abgibst, bekommst 2 Mark!“
Das schien mich zu beeindrucken!
Jeden Tag ging ich nun zu meinem Vater und gab ihm brav einen oder zwei Schnuller ab. Manchmal auch drei oder vier. Ich wurde immer erfolgreicher und verdiente für meine Verhältnisse reichlich Geld.
Nun war die Familie wohl beeindruckt!
Bis der benachbarte Drogist zu meinen Eltern kam und sie fragte, ob es eigentlich in Ordnung sei, dass ich kleines Persönchen in letzter Zeit täglich bei ihm im Geschäft zwei bis drei Schnuller zu je 50 Pfennigen einkaufte?
Offenbar hatte ich damals schon das grundlegende, marktwirtschaftliche Prinzip „im Einkauf liegt der Gewinn“ verstanden!
Meine Eltern wechselten die Strategie: Gar kein Schnuller mehr, dafür der langersehnte Familienhund.
Vermutlich hatte sich mein Vater den Break Even ausgerechnet.
Ab wievielen Schnullern sich die Investition „Haustier“ gegen rechnete.
Foto: Juan Encalada /unsplash.com
© Cornelia Morhardt 2020-06-10