Auf unserem Weg von San Francisco nach Denver kamen wir nach Flagstaff. Da mein Man unbedingt noch die berühmten roten Felsen von Sedona sehen wollte, standen wir nun vor dem Problem, wie wir den Besuch des Grand Canyons zeitlich unterbringen konnten, denn der Rückflug von Denver war fix gebucht und ohne den Grand Canyon gesehen zu haben, wollten wir keinesfalls weiterfahren.
Da sahen wir ein Plakat, das Flüge durch den Grand Canyon von einem kleinen örtlichen Flugplatz aus anpries, und beschlossen spontan uns das einmal anzusehen. Der Flugplatz bestand aus einem kleinen Hangar, einem Bürohäuschen und einer Schotterpiste. Man sagte uns, der Abflug sei nachmittags um 3 Uhr. Ein anderes Paar hatte sich ebenfalls schon angemeldet und für uns waren auch noch zwei Plätze frei. Wir sollten einfach rechtzeitig kommen.
So machten wir unseren Ausflug nach Sedona und um 3 Uhr erkletterten wir zusammen mit dem anderen Paar und dem Piloten die winzige Maschine. Mein Mann saß neben dem Piloten, dahinter die beiden anderen Passagiere, und ich saß ganz hinten und hatte so den Blick auf beide Seiten frei.
Der Flug ging in recht geringer Höhe über die karge, im Oktober sehr trockene Ebene und auch genau über den Barringer Crater, einen Meteorkrater, und den von einem Vulkan gebildeten Sunset Crater. Dann näherten wir uns dem Grand Canyon. In dem Augenblick, als das Flugzeug über die Kante flog, hatte man das Gefühl in einen Abgrund zu stürzen, denn plötzlich ging der Blick fast zwei Kilometer tiefer hinunter. Das war wirklich ein Moment des Erschreckens.
Zuerst ging es in westlicher Richtung etwas oberhalb der Schlucht dahin, doch dann, an einer etwas breiteren Stelle, ging der Pilot tiefer und wir flogen von da an auf etwa halber Höhe in geringem Abstand entlang der nahezu senkrechten Felswände. Der Himmel war gar nicht mehr zu sehen, so tief unten waren wir im Canyon.
Nach einer Weile weitete sich der Canyon etwas stärker und in der Mitte gab es einen Berg, um den der Pilot herumflog und somit die Wende zum Rückweg vollzog. Dabei wusste man nicht mehr, wo oben und unten war, so sehr lehnte sich das kleine Flugzeug in die enge Kurve.
Dann ging es auf der anderen Seite wieder entlang der nahen Felswand zurück, bis der Pilot die Maschine schließlich hochzog und wir wieder über die Kante hinaus flogen. Die Landung auf der Schotterpiste in Flagstaff war recht rau, aber wir waren total begeistert und einfach sprachlos, denn wir hätten niemals erwartet, so tief unten im Canyon zu fliegen und die fantastischen Felsen in ihren verschiedenen roten Farbtönen fast greifbar nahe und dank des schönen Herbstwetters besonders plastisch zu sehen.
Jahre später erfuhren wir, dass diese Art des Hineinflugs in den Canyon verboten worden war, weil es mehrere Unfälle gegeben hatte, sowohl mit Flugzeugen als auch mit Hubschraubern. Aber wir haben unsere selbstgemachten Luftaufnahmen aus dem Grand Canyon und die Erinnerung an ein nun nicht mehr wiederholbares Erlebnis.
© 2022-08-04