Es fällt mir schwer, mich von liebgewonnen Dingen die mir ans Herz gewachsen sind zu trennen. Der Abschied von vertrauten Gegenständen ist eine sehr tiefgreifende Erfahrung. Veränderungen sind nie leicht, doch manchmal unvermeidlich. Etwas loszulassen, das mich ein halbes Leben lang begleitet hat, verlangt nach innerer Stärke und kostet viel Energie.
Nun stehe ich hier in meiner Wohnung, dem Ort, an dem so viel von meinem Leben stattfand. Mit achtzehn bin ich hierhergezogen, voller Hoffnung auf das, was kommen würde. Jede Ecke in meiner Wohnung erzählt eine eigene Geschichte, die mit Erinnerungen verknüpft ist. Diese Wände waren Zeugen für unzählige Treffen mit Freunden, für Feiern, Lachen, Tränen und sogar für den schönsten Tag meines Lebens – meine Hochzeit. In einem dieser Räume wurde meine Tochter ins Leben gerufen. An diesem Esstisch fanden unzählige gemeinsame Abendessen mit Lieblingsmenschen und Familie statt, währende die Couch mein Zufluchtsort war, an dem ich lange Filme geschaut und tiefgründige Gespräche geführt habe. Diese Erinnerungen sind wie kleine Schatzkisten, die ich in meinem Herzen bewahre. Gerade jetzt fühle ich mich emotional überfordert. Leider kann ich einige Möbelstücke nicht mitnehmen sie passen nicht in mein neues Zuhause. Traurig stelle ich ein paar Anzeigen auf die Plattform Will-haben, unter der Kategorie „gratis abzugeben mit Selbstabholung“ und füge einige Bilder hinzu. Nun heißt es abwarten. Nach kurzer Zeit kommt die erste Anfrage. Eine Frau interessiert sich für meinen Schreibtisch, die Couch und den Esstisch. Überraschung macht sich breit, doch ich sage zu und sende ihr via WhatsApp meine Adresse. Als ich die Möbelstücke an die rumänische Dame und ihren Ehemann übergebe, spüre ich eine Mischung aus Traurigkeit und Erleichterung. Es ist nicht nur der Verlust von physischen Gegenständen, sondern auch das Loslassen von einem Kapitel meines Lebens. Doch je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr wird mir klar, dass ich nicht nur etwas abgebe, sondern auch etwas weitergebe. Ich gehe zum Fenster und schaue hinaus. Die Sonne scheint hell und wirft helle Schatten auf den Boden. Ein neuer Tag bricht an, und ich spüre, dass mit jedem Möbelstück, das geht, auch ein Teil von mir weiterzieht. Es ist wie ein Kapitel, das sich schließt, um Platz für neue Geschichten zu schaffen.
Die Interaktion mit dem rumänischen Ehepaar war zudem eine unerwartete Bereicherung. Trotzt der Sprachbarriere haben wir eine Verbindung aufgebaut, die auf gegenseitigen Respekt und Dankbarkeit basierte. Es ist erstaunlich, wie solche Momente die Menschlichkeit in uns hervorbringen. Das simple „Danke“ und dass sie mir nur das Beste für mein weiteres Leben wünschten, hinterließ bei mir ein Gefühl der Zufriedenheit. Diese Erfahrung hat mir auch die Bedeutung von Gemeinschaft und Unterstützung vor Augen geführt. In einer Welt, die oft von Anonymität geprägt ist, können solche kleinen Gesten der Hilfsbereitschaft und das miteinander einen großen Unterschied machen. In der Hitze des Tages während wir gemeinsam anpackten, wusste ich, dass ich nicht nur Möbel loslasse, sondern auch positive Energie und Freude verbreite. Und so gehe ich mit einem offenen Herzen und klarem Blick in die Zukunft.
© Sylvia Zemlyak-Böhm 2024-09-16