Halloween

Philipp Haidenbauer

von Philipp Haidenbauer

Story

Vor einigen Jahren war bei einer kleinen Halloweenfeier. Irgendwann nach Mitternacht begab ich mich auf meinen Heimweg, circa 15 Minuten Fahrt.

Kurz nachdem ich weggefahren bin, sehe ich Blaulicht auf der Straße vor mir. Ich dachte zuerst an eine Verkehrskontrolle, da das erste Auto, was ich sehe, ein Fahrzeug der Polizei ist. Ich nĂ€here mich der Stelle und lasse das Fenster auf der Fahrerseite herunter.

Bevor ich den Polizisten erreiche, sehe ich ein weiteres Polizeiauto, ein Auto und Personen am Straßenrand stehen. Da man als SanitĂ€ter ja quasi nie außer Dienst ist, grĂŒĂŸe ich den Beamten mit einem “Standardsatz”: “Guten Morgen, Philipp Haidenbauer, freiwilliger RettungssanitĂ€ter, benötigen Sie Hilfe?” – “Super dasst du stehen bleibst, wir haben hier einen Schwerverletzten kannst du helfen?”, die prompte Antwort.

Erst jetzt sehe ich eine Person am Asphalt liegend. Mein Gehirn lĂ€uft zu diesem Zeitpunkt bereits das oft geĂŒbte und angewandte Schema ab. Fast schon autonom verlĂ€uft die kurze Absprache mit dem Beamten. Ich stelle mein Auto ein StĂŒck entfernt ab und hole Jacke und erweiterte Erste-Hilfe Tasche aus dem Kofferraum.

Ich verschaffe mir einen kurzen Überblick ĂŒber die Situation. Ein Kleintransporter mit einer zerstörten Windschutzscheibe, daneben Personen am Straßenrand. Auf der Fahrbahn eine reglose Person in stabiler Seitenlage.

WĂ€hrend ich auch die reglose Person zugehe, unterhalte ich mich weiter mit dem Polizeibeamten: “Das Fahrzeug hat mit circa 80 km/h die Person erfasst. Notarzt, Rettung und Feuerwehr sind angefordert.”

Da die Rettungsleitstelle bereits verstĂ€ndigt wurde, rufe ich diese nicht ĂŒber die Notfallnummer an. Ich bitte den Beamten mir mit einer Taschenlampe zu leuchten. WĂ€hrend ich in der Warteschlange der Leitstelle hĂ€nge, starte ich mit dem “ABCDE”-Schema. Ich laufe zu diesem Zeitpunkt fast vollautomatisch. Keine ablenkenden Gedanken, nur der Patient zĂ€hlt in diesem Moment.

Endlich nimmt jemand ab und ich schildere kurz die Situation. Insbesondere die wenigen medizinischen Fakten, die ich eruieren konnte. Atmung vorhanden, bewusstlos, Blut aus Ohren und Nase (ein Hinweis auf einen SchÀdelbasisbruch).

Ich erfahre, dass der Notarzt sowie ein Rettungswagen bereits unterwegs sind, aber noch einige Minuten Anfahrt vor sich haben. Interessanterweise scheint die Person bis auf die Kopfverletzung nicht weiter verletzt zu sein. In dieser Situation kann ich nichts weiter tun, als die Person zu ĂŒberwachen.

Nach einer gefĂŒhlten Ewigkeit treffen Feuerwehr und der Notarzt ein auch, der Rettungswagen kommt am Unfallort an. Ich bleibe vor Ort und unterstĂŒtze beide Teams, bis der Patient abtransportiert wird.

Als ich zu Hause ankomme, realisiere ich, wie mĂŒde ich bin und gehe zu Bett. Tage spĂ€ter erfahre ich, dass die Person ĂŒberlebt hat, aber neurologische SchĂ€den davontrĂ€gt und nicht mehr ansprechbar ist. Monate spĂ€ter erfahre ich vom Tod.

Foto: kenanreed (unsplash)

© Philipp Haidenbauer 2021-01-15

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