Plötzlich war es da. Dieses flatternde Gefühl über und in meinem Herzen. Ein Gefühl, als würde mein Herz surren, ein Herzschlag wie von vielen Herzen gleichzeitig ausgelöst – weiches Gefühl im Kopf.
Ich steckte mitten in einer Rückenbehandlung. Zum Glück war ich so gut wie fertig mit der Therapie, konnte mich noch gut vom Patienten verabschieden und nahm meine Assistentin zur Seite. Ich wäre gleich wieder da, sie möge die anderen Patienten von meinem Oberarzt therapieren lassen, ich müsse mal schnell ein EKG machen lassen. Nur – ich kam drei Monate nicht wieder.
Es war der Beginn einer HerzmuskelentzĂĽndung, die sich mit Vorhofflimmern bemerkbar machte und drei Monate strenge Bettruhe nach sich zog.
Was war vorausgegangen? Ich war mit einer beginnenden Grippe zum größten Radiologie-Kongress der Welt in die USA geflogen – zum 150. von Röntgen. Ihm zum Gedenken war auch ich auf das internationale Panel mit ausgewählten anderen Wissenschaftlern berufen worden. Welch eine Ehre! Wie habe ich mich darüber gefreut. Wie dankbar war ich dafür, dass ich damit auch für die Begründung der Mikrotherapie geehrt wurde. Einer Methode, bei der mit winzigen Instrumenten im Computertomographen behandelt wird. Einige Zeit vorher hatte ich dazu die erste medizinische transatlantische Videokonferenz weltweit – zwischen dem National Institute of Health in den USA und dem Röntgen-Museum in Deutschland – mit Hilfe des Pentagons und von Hillary Clinton (damals Gesundheitsministerin) und Wolfgang Clement (damals Ministerpräsidenten NRW) initiiert und organisiert.
Deshalb durfte ich in Chicago nicht fehlen. Also habe ich mit viel Aspirin sowie anderen fiebersenkenden und hustenstillenden Mitteln die langen Flüge und die Reise angetreten. Irgendwie habe ich mich dann dort „über Wasser gehalten“, wie in Trance gehandelt.
Ja, es war ein unvergessliches und historisches Ereignis, eine riesige persönliche Freude. Trotzdem ein lebensbedrohlicher Fehler, wie es im Nachhinein meine Herzmuskelentzündung dokumentierte. Mit Fieber gehört man ins Bett und unterlässt große Anstrengungen! Auch psychische. Das musste ich schmerzlich und unter Todesangst erfahren. Nicht immer sind wir, ist unser Herz oder Lunge solch einer Infektion gewachsen. Egal ob sie durch Influenza, Schweinegrippe, SARS, Fledermäuse oder … ausgelöst wird. Das ist mir damals sehr klar geworden. Und spätestens seit ich bei einer späteren fieberhaften Grippe wieder Vorhofflimmern hatte, lasse ich mich regelmäßig gegen Grippe, Pneumonie und andere Erkrankungen impfen, lege mich ins Bett, sage alle Verpflichtungen ab, meide Kontakte, um andere zu schützen, trinke viel, esse leichte Kost, lang gekochte Hühnersuppe, Obst und Gemüse, nehme Vitamin C und D, Zink, mache Wadenwickel und nehme, wenn möglich, nur naturheilkundliche Mittel. Vor allem höre ich auf die Ärzte meines Vertrauens. Ich lebe immer noch. Dankbar, bewusst und ohne Herztransplantation.
© Dietrich Grönemeyer 2020-04-24