Geboren in Wien, habe ich 47 Jahre lang in Wien und Niederösterreich gelebt und gearbeitet.
Dass etwas anders ist bei mir, habe ich schon in meiner Kindheit gespĂŒrt nur konnte ich es damals noch nicht benennen. Erst in den der PubertĂ€t wurde es immer klarer was es ist, nĂ€mlich das ich im falschen Körper geboren bin und lebe. Als Frau gefangen im mĂ€nnlichen Körper. Es sollten Jahrzehnte vergehen, bis der richtige Zeitpunkt kam und ich auch den Mut hatte zu mir zu stehen und meinen Weg zum âwahren Ichâ zu beginnen. Dazwischen lagen emotionale Achterbahnfahrten. Der Gedanke falsch zu sein, ja krank zu sein begleitete mich immer wieder. Die Hilflosigkeit was zu tun ist, die Angst sich jemand anzuvertrauen. Was wĂŒrde die Familie, Freunde, Kollegen und auch die Gesellschaft sagen, wenn du ihnen sagst, dass du dich im falschen Körper fĂŒhlst und als Frau leben möchtest.
Es folgten Jahrzehnte wo ich auf der Flucht war, auf der Flucht vor mir selbst. Anfangs auch in der Hoffnung das dies vergeht, ich ja vielleicht doch der Mann bin, der ich Ă€uĂerlich war. Ich dachte, wenn ich eine Beziehung, eine Partnerin habe, wird alles gut. Aber spĂ€testens immer dann, wenn es zur körperlichen NĂ€he kam, wurde der Druck fĂŒr mich zu hoch. Da wurde mir schnell klar das dies nicht funktioniert. Es folgten mehrere Beziehungen, eine Ehe, die allesamt scheitern mussten. Dann kam der Zeitpunkt wo ich so nicht mehr weiter leben wollte, schrieb einen Abschiedsbrief und machte mich auf in die Tiroler Berge. Am Abgrund stehend, die Weite vor mir, die Bilder im Kopf gescheitert zu sein hĂ€tte es nur mehr diesen einen Schritt gebraucht. Doch irgend etwas, wahrscheinlich auch der fehlende Mut, lieĂen mich umkehren in der Hoffnung das sich ja vielleicht doch alles zum Guten Ă€ndert.
Es vergehen wieder Jahre und jeder Tropfen höhlt den Stein, sagt man und ich wusste das es jetzt so nicht mehr weiter geht und ich zu meinem âwahren Ichâ stehen muss, egal was passiert. Das war Anfang 2017. Die folgenden GesprĂ€che mit meiner Psychotherapeutin bestĂ€tigten sehr schnell, dass ich im falschen Körper lebe, dh transident bin. Unterbrochen wurde mein Weg dann abrupt durch einen Ăberfall in Wien, bei den ich fast ums Leben kam. Danach ging es weiter mit Tests und GesprĂ€chen bei Psychologen und Psychiater, die alle sich der Meinung meiner Psychotherapeutin anschlossen. Mit den positiven Gutachten begann ich im Juli 2018 mit meiner gegengeschlechtlichen Hormontherapie. Mein persönliches Outing bei Familie und Freunden war dann im September und auf Social Media dann zu meinem Geburtstag im Oktober 2018.
Zu dem Zeitpunkt stand auch fĂŒr mich fest, dass mein Neubeginn nicht im Osten ist, sondern ganz im Westen, in Vorarlberg. Und so ging es Anfang 2019 auf ins LĂ€ndle. Mittlerweile habe ich im Oktober 2019 auch meine geschlechtsangleichende Operation erfolgreich hinter mich gebracht. Ich, Anna Maria, bin angekommen bei meinem âWahren Ich“, in meinem Körper und in Vorarlberg.
© Anna Maria Ritter 2020-10-27