Ich bin

Paul Neumann

von Paul Neumann

Story

Ich sortiere mich. Ich probiere mich. Ich optimiere mich. Ich kopiere mich. Gott, ich friere.

Mir ist bewusst, dass meine Existenz Zufall war. Nicht weiß geboren, trotzdem weiß geworden, wie ein Belugawal. Ich vertrete meinen Standpunkt. Ich bin wie ein Wachhund und verteidige mich mit meiner schmerzhaften Sammlung der verbalen Kampfkunst.

Ich bin Teil des Problems, das ich versuche zu bekĂ€mpfen. Ein Virus – ich bin infiziert von AngstzustĂ€nden und das Schlimmste ist, dass ich dazu neige, andere anzustecken.

Ich bin so Ă€ngstlich auf Erfolg bedacht. Nein, ich bin stolz verdammt, denn ich leb’ nicht nach Knete, die mich formt.

DafĂŒr bin ich faul. Vor mir liegt immer noch die WĂ€schetasche. Ich bin so faul, ich lieg schon wieder hypnotisiert in ner HĂ€ngematte. Bin sieben Tage im gleichen Hoodie und in Gedanken schreib‘ ich mit meinem Kuli, dass ich umgeben bin von Ratten in nem Hamsterrad, die gefangen sind in Stacheldraht hinter Panzerglas.

Ich war einmal anders als ich’s heute bin. Ein kleines Kind in zu weiten Klamotten. Heute hab ich in mei’m Kopf zu viele Tabs offen und find viel zu selten den Ausschaltknopf.

Ich muss lernen, loszulassen. Lernen, die Angst lebendig zu begraben und mich einfach mal tot zu lachen. Ich bin ein Psycho, doch nicht die richtige Sorte, denn ich find‘ fĂŒr erwachsene Taten kindische Worte. Ich hab‘ ne dĂŒnne Haut und brauch ein dickes Fell, vielleicht auch einen schicken Pelz. Ich bin dieser Typ Psycho – verrĂŒckt nach Geld, der Typ Psycho, der entspannt ist bis er fĂ€llt.

Ich bin, wie Conway, eine Schreibmaschine. Ein guter Vers ist nur ne Eintagsfliege und dabei umtreibt mich die Angst, dass ich zu viel Zeit verliere.

Hab‘ den Halt verloren, denn in meinen New Balance bin ich nur ein Loose Cannon und keine Schallkanone. Eher eine tiefe Seele mit hohen AnsprĂŒchen. Du kannst mich immer ansprechen.

Reich’ mir deinen HandrĂŒcken und ich werd’ ihn sanft kĂŒssen.

Ich bin voll von intrusiven Gedanken, doch ich bin vermutlich mehr als diese Gedanken. Ich glaub’, ich muss mal tanken, denn ich bin leer und mit Leichtigkeit zu fliegen fĂ€llt mir schwer, denn


Ich sortiere mich. Ich probiere mich. Ich optimiere mich. Ich kopiere mich. Gott, ich friere.

© Paul Neumann 2023-01-15

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