Ich fahre mit der U2, die mich direkt zur Messehalle bringt. Die Bahn ist schwach besetzt. Umso überraschter bin ich von der Menschenmenge, die vor der Halle wartet, um sich freiwillig auf den Coronavirus testen zu lassen. Die Anwesenden sind in zwei Warteschlangen aufgeteilt. Der Abstand zwischen ihnen ist meist der eines Babyelefanten, manchmal auch der einer Elefantenkuh.
Ich bin früh dran. Gestern war im Fernsehen über lange Wartezeiten berichtet worden. Stell´ mich darauf ein, doch das Gegenteil ist der Fall. Die Menschenschlange bewegt sich rasch vorwärts. Ich werde auf einen Mann aufmerksam, der publikumswirksam lauthals schimpft. „Gib a Ruah´“, sagt die Frau neben ihn ebenso laut.
Ich passiere den Zugang zur Halle. Auf den Gittern der Absperrung sind Banner mit der Aufschrift: `Wir danken für ihre Mitarbeit´. Die Stimmung ist eigenartig, ruhig. Schwer zu beschreiben. Ich spüre irgendwie so etwas wie Zusammenhalt. Vor dem Tor zur Halle werden Masken verteilt. Richtige Masken – FFP2; keine Stoffmasken, die im Alltag zur Anwendung kommen.
Ich betrete die Halle. Hier herrscht wenig Bewegung, wenig Lärm. Der Ordnungsdienst, durchwegs junge Leute, weist uns den Weg. Sie sind auffallend freundlich.
Meine Entnahmestelle ist ausschließlich mit Wehrmännern besetzt. Nach dem Datenabgleich wird der Rachenabstrich abgenommen. Das Einführen des Wattestäbchens durch die Nase bis in den Rachen ist nicht angenehm, aber durchaus erträglich.
Ich muss auf das Ergebnis warten. Habe dabei Zeit mich umzusehen. Ein Mann mittleren Alters ist jetzt an der Reihe. Er trägt einen Anzug, den Mantel hat er über den Arm geschlungen, in der Hand hält er eine Zeitung. Er benimmt sich betont locker, vielleicht eine Spur zu locker. Er verwickelt den Sanitäter in ein Gespräch. Der Sanitäter bittet ihn, den Kopf in den Nacken zu legen. Immer wieder unterbricht er die Entnahme. Als das Stäbchen endlich in der Nase ist, streckt er sein Bein weit von sich, zieht den Fuß an und die Schultern hoch. Nichts ist mehr locker.
Ich erhalte meinen Befund. Negativ. Bin erleichtert gesund zu sein und niemanden ungewollt angesteckt zu haben. Aber auch stolz darauf, meiner Heimat geholfen zu haben.
Nach einer halben Stunde fahre ich wieder nach Hause. Auf der Straße begegnen mir Menschen mit weißen Masken, so eine, wie ich sie heute trage. Sie zwinkern mir zu, wissend, woher ich sie habe. Ein Zwinkern als Dank für die Vernunft und als Zeichen `Wir helfen mit!´
© Brigitte Geretschläger 2020-12-06