von Sabine Benedukt
Gerade habe ich im Radio im Rahmen der „Tonspuren“ eine Sendung über die am 30.3.2025 verstorbene Schriftstellerin Barbara Frischmuth gehört. Sie ist in Altaussee geboren, als Tochter einer Hotelbesitzerin. Ihr Vater starb im Zweiten Weltkrieg. Das Hotel, das es heute noch gibt, hat eine lange Geschichte. Es liegt direkt am See und wird in zwei Romanen von ihr sehr anschaulich beschrieben.
Barbara Frischmuth hat als Kind die Geschichten aus 1001 Nacht gelesen und sich dabei vorgestellt, wie sie daheim, zwischen den Bergen, der Trisselwand und dem Loser, in die weite Welt schauen kann. Darum studierte sie später Türkisch und interessierte sich sehr für den Orient. Nach einem Auslandsstudium in der Türkei und vielen Reisen wohnte sie in Wien und in den letzten Jahren wieder in ihrer Heimat, in Altaussee, in einem typischen Holzhaus mit einem wundervollen Garten. Einen Rückzug nannte sie diesen Umzug. Der „unwiderstehliche Garten“, der seine Pflege einfordert, und sie deshalb aus Wien wegholt, wird auch in mehreren Büchern von ihr beschrieben, neben vielen anderen Geschichten über den Orient, aber auch über Feen und Elfen, die auf der Seewiese in Altaussee zu finden sind.
Wir lieben diese Gegend sehr und während unseren Aufenthalten am benachbarten Grundlsee las ich begeistert mehrere ihrer Bücher, die dort teilweise signiert in der Bibliothek unserer Gastgeber stehen. Im Buch „Die Mystifikationen der Sophie Silber“ erzählt sie von den Feen in Altaussee. Eine davon ist schon mehrere hundert Jahre alt, kleidet sich meist in Tracht und ändert ständig ihr Aussehen, mal alt, mal jung, mal dick, mal dünn, damit sie in der Gegend nicht auffällt. Sie hat immer einen Dackel an ihrer Seite. Dackel werden nicht so alt wie Feen, deshalb bekommt sie immer wieder ein neues Tier, wenn der ganz alte sie nicht mehr auf ihren Streifzügen über die Seewiese begleiten kann.
Bei einer unserer Wanderungen rund um den Altausseer See, nahe der Seewiese, saß auf einer Bank eine etwas molligere Dame im Trachtengewand, mit Lodenmantel und Hut. Neben ihr im Gras tollte ein ganz junger Dackel herum. Weil der Hund so entzückend war, kamen wir mit der Dame ins Gespräch. Wir unterhielten uns über die Schönheit der Landschaft. Sie erzählte uns sehr freundlich welche Ausflüge sie hier in der Gegend gemacht hat, und wo es ihr besonders gefallen hat. Erst viel später, als wir wieder in unserer Unterkunft waren, und ich in der gemütlichen Leseecke das Feen-Buch wieder zur Hand nahm, kam mir der Gedanke, dass wir an diesem Tag wahrscheinlich der Fee aus Barbara Frischmuths Roman begegnet waren. Das hätte ihr sicherlich gefallen.
© Sabine Benedukt 2025-04-02