von Hanna Littich
Wir haben uns wieder verloren. Was für ein Ort, um sich erneut das Herz zu zerschmettern. Hinter mir versprechen Erinnerungen an Kaiser eigentlich Besseres, aber Schönbrunn kann nichts dafür. Selbst der Abendhimmel wirkt, als würde er sich lustig machen. Pastellfarben in Form von Zuckerwatte haben sich bewundernd um den Mond verteilt und neben mir wirken alle Leute glücklich. Wie kann hier Tragik existieren? Es ist Februar und man friert nicht und in mir geht wieder mal die Welt zu Ende.
Wenige Stunden zuvor hätte ich mit ihnen mitgelacht. Ich merke, wie weit das alles bald wieder weg sein wird. Und nachdem es uns zusammen offensichtlich nur in Erinnerungen geben kann, setze ich mich in Gedanken nochmal auf die Parkbank neben dich, Blick auf die Gloriette. Du holst Zimtschnecken aus deinem Rucksack und ich hab dir Marillenmarmelade mitgenommen. (Meine beste Freundin wird sich später darüber aufregen, dass der Teig nicht selbst gemacht war. Sie wird sich über vieles aufregen, aber beim Sprechen über Mehlspeisen weint man nicht so schnell.)
Wir lassen die aufleben, die wir früher waren und ich habe wirklich das Gefühl, dass wir jetzt ein bisschen erwachsener sind, ein bisschen aufrichtiger. Der unausweichliche Abschied straft mich Lügen. Du hast so getan, als würdest du bleiben und ich habe so getan, als würde ich dir das glauben. Während du Sonnenuntergänge jagst, versuche ich, den Regen zu biegen – wir können miteinander nicht sein.
Man sagt, eine Sache schmerzt so lange, bis man aufhört, sie zu lieben. Und Aufhören fühlt sich treulos an. Aber wenn nicht am Ende des ersten echten Frühlingstages, wann dann? Wenn nicht dort, wo sich die Dämmerung langsam der Nacht hingibt, wo dann? Was für ein Schauplatz der Kapitulation. Wir könnten weiße Fahnen machen aus all den Gedichten, die uns gegenseitig gewidmet sind.
In der Wohnung werfe ich die übrigen Zimtschnecken samt Dose in den Müll. Vielleicht tut es beim zweiten Mal ja weniger weh. Trotzdem eine Schande, dass wir wieder Fremde sind. Es ist so viel nicht passiert.
© Hanna Littich 2021-08-12