von Roman Scamoni
Ein Mann und sein Auto kämpfen für Inklusion und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Dafür rollen sie bis an ihre Grenzen – und darüber hinaus. Der Weg führt erst mal von Innsbruck in den symbolträchtigen Ort Schengen in Luxemburg, den Inbegriff der europäischen Integration und grenzenloser Möglichkeiten. Beyond borders lautete das Motto – von dort startete die Europa-Orient-Rallye quer durch Frankreich und Spanien bis ins ferne Marokko. Aber Moment: Was hat das mit „Inklusion“ zu tun? Und darf Inklusion überhaupt „Spaß machen“?
Für mich als Rollstuhlfahrer bedeutet das Auto weit mehr als nur ein Fortbewegungsmittel – auf der Straße sind alle gleich. Ich muss keine Angst haben, vor unüberwindbaren Steigungen, Stufen oder Leitern zu stehen. Autofahren ist für mich der Inbegriff von Freiheit. Reisen mit Bus, Zug oder Flugzeug sind hingegen oft mühsam, nicht selten frustrierend und voller Überraschungen durch unplanbare Barrieren.
Natürlich war auch diese Reise nicht frei von Hindernissen. Abenteuer und Herausforderungen gab es zuhauf. Neben der Suche nach einem geeigneten Auto und Fragen der Finanzierung galt es, ein Team zu finden. Doch einen Monat vor dem Start fiel mein Team aus, und ich stand plötzlich allein da: ohne Auto (das befand sich in der Schweiz), ohne Team und ohne Finanzierung. Das Motto der Reise lautete jedoch beyond borders – also beschloss ich, alleine zu fahren. Der Volvo wurde in einer Blitzaktion aus der Schweiz importiert – und das Geld würde sich schon finden.
Am Tag vor der Abfahrt nach Schengen erhielt ich am Zoll die nötigen Papiere für das Auto und konnte den Volvo in Innsbruck zulassen. Gerade noch rechtzeitig bekam ich die Nummernschilder, und die Reise konnte losgehen. Übernachtet wurde im Auto, Lebensmittel und Ausrüstung waren gepackt, und dem Start am 15. Oktober stand nichts mehr im Wege.
Außer mir selbst – manchmal. Am ersten Morgen (noch in Schengen) verließ ich nach dem Aufstehen das Auto. In derselben Sekunde, als ich das Geräusch der schließenden Autotür hinter mir hörte, durchzuckte mich ein Gedanke: „Wo ist der Autoschlüssel?“ Natürlich im Auto. Wo sonst? Ganz dem Volvo-eigenen Sicherheitsbedürfnis entsprechend, hatte das Auto die Türen umgehend verriegelt. Das erste Hindernis der Fahrt lautete also: „Das eigene Auto aufbrechen!“ Dank wunderbarer Rallyekollegen anderer Teams (offenbar mit einschlägiger Autoknacker-Erfahrung) konnte diese erste Barriere überwunden werden. Es sollten noch viele weitere folgen …
Inclusion beyond borders war vor allem ein Projekt, das Freude machen sollte. Gleichzeitig zeigt es, was möglich ist, wenn wir als Gesellschaft bereit sind, Barrieren gemeinsam zu überwinden. Inklusion, gesellschaftliche Teilhabe und das Recht auf ein gutes Leben für alle sind realisierbar. Lasst uns gemeinsam Grenzen überwinden!
© Roman Scamoni 2024-12-06