von Desi
Ich höre es, ich spüre es, ich mache es. Links, rechts, links, rechts – immer weiter, immer fort. Der Untergrund unter meinen Sohlen verändert sich – von hart zu weich, oder eher nachgiebig? Die Umgebung verändert sich. Der Strich Wiese neben mir verwandelt sich in Schotter. Der Schotter verwandelt sich in Geröll. Das Geröll verwandelt sich in Wurzelgeflecht. Und so weiter und so fort. Steil, steil am steilsten geht es bergauf. Wie zu einer Himmelspforte öffnet sich das Tor zum Wald vor mir. Wie passend, denke ich, dass rechts eine kleine rosa Kapelle steht. Ich und gläubig? Mhm … im engeren Sinne würde ich das mit einem klaren Nein beantworten. Im weitesten Sinne – ja, schon. – Ich meine, es muss doch irgendetwas da oben geben nach dem Leben, oder? Wäre frustrierend und wenig aussichtsreich wenn nicht.
So jetzt bin ich wieder abgeschweift. Wo war ich? – Ah ja genau, die kleine, nette Kapelle, die gar nicht mehr so nett ist, weil irgendwelche coolen Typen das kleine süße Marterl in Brand gesteckt haben. Haha, ja richtig gelesen, die Kapelle hat lichterloh gebrannt. Alles war verrußt, das Gitter verbogen und die Muttergottes schaute ziemlich armselig drein. Liebevoll wurde es von ein paar Unterstützern der Kirche wieder aufgebaut. Oder von jenen, die sich all die Jahre um das kleine, rosa Marterl angenommen haben. Stets waren frische Blumen in der Vase, immer war ein Kerzerl angezündet. Wenn ich mir das recht überlegen, habe ich keine Ahnung, wer die Zeit hat und sich die Mühe macht eine Kapelle am „Leben“ zu erhalten. Aber gut, dass es solche Menschen gibt.
Viele brauchen einen Ort wohin sie gehen können, um ihren Gedanken, ihre Verluste, ihr Trauer oder ihre inneren Konflikte zu bewältigen. Ich brauche Sport, ein gutes Gespräch mit einer engen Freundin oder einen fruchtigen Spritzer und die Welt sieht gleich wieder viel besser aus. Würde mich ja mal interessieren, was andere als Ventil für ihre innere Unruhe verwenden. Gute Frage! Wäre vielleicht mal eine Konversationsthema beim nächsten Mädlsplausch oder derzeit eher Homeparty. Obwohl – nö, das ist wieder so ein Stimmungskiller und dann heißt es wieder – warum so finstere Gedanken? Hast grad zu viel Zeit zum Nachdenken, oder?
Puh jetzt bin ich aber ganz schön abgeschweift von meiner ursprünglichen Geschichte. Na dann einfach beim nächsten Mal. Die Quarantäne ist lang, der Weg zum Glück auch!
© Desi 2020-04-06