von Susanne Sayici
Was sagt Ihnen der Name Heinz Conrads? Nichts? Dann sind sie entweder jung, oder nicht aus Österreich. In Österreich kannte ihn früher jede/r. Er war ein absoluter Publikumsliebling. Am Beginn seiner Karriere war er beliebter Sprecher im Radio. Bis zu seinem Tod arbeitete er für den österreichischen Rundfunk. Als Schauspieler, Conferencier, sowie Interpret von Wienerliedern, Gedichten und Texten, feierte er ebenso große Erfolge. Unter anderem trat er im Stadttheater auf, im Bürgertheater, im Theater in der Josefstadt, aber auch bei den Salzburger Festspielen. Im Simple stand er mit Karl Farkas auf der Bühne. In Filmen war er zu sehen und als das Fernsehen ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Lebens wurde, moderierte er eine Sendung, die sicher jeder Mensch, ob alt, ob jung, in Österreich kannte: „Guten Abend am Samstag“. Diese Sendung kannte sogar ich, als ich noch ein Kind war.
Conrads stellte in seiner wöchentlichen Sendung verschiedene Nachwuchskünstler/innen vor. Das fand offenbar großen Anklang, denn als die Sendung gekürzt werden sollte, gab es einen Aufstand unter den Zusehern. Mich langweilte seine Sendung eher, die Alten – also Großeltern und Großtanten – ließen sich die Sendung am Samstagnachmittag, nie entgehen. Da war ich eben mittendrin. Dem konnte ich nicht entkommen.
Auf „Geschichtewiki.wien“ steht: „Im kollektiven Gedächtnis eingeprägt hat sich vor allem „Griaß eich die Madln, servas die Buam!“, wenngleich nicht mehr nachgewiesen werden kann, ob er diese Grußworte tatsächlich auch verwendet hat.“ Vielleicht kann man es nicht mehr nachweisen, aber ich bin Zeuge: Das hat er an jedem Samstag genauso gesagt.
Nachdem die Signierstunde mit Heinrich Harrer eine totale Pleite war, versuchte meine Chefin nun den großen Wurf. Heinz Conrads hatte ein Buch geschrieben: „Heinz Conrads – Meine ersten 60 Jahre“. Super! Den laden wir ein!
Das war die Chance, möglichst viele Kunden anzulocken. Das musste klappen. Ihr saß nämlich die Geschäftsleitung im Nacken. Um tragbar zu sein, mussten wir pro Person einen bestimmten Betrag Umsatz machen. Hoppla! Der Eigentümer war der ÖGB! Etwas kapitalistisch gedacht.
Also wieder der ganze Aufwand wie beim letzten Mal. Diesmal war ich nicht begeistert. Aber was solls.
Heinz Conrads war absolut zuverlässig. Pünktlich traf er ein. Gut gelaunt und ebenso freundlich wie bei seiner Fernsehsendung. Überhaupt nicht abgehoben. Einfach sympathisch.
Das Unglaubliche und Unerklärliche geschah. Das Geschäft war wie leer gefegt. Draußen stand eine Menschentraube und starrte durch die Scheiben der Auslage. Aber alle blieben draußen. Als wäre es eine Belagerung. Conrads war verwirrt und verunsichert. „Das ist unheimlich!“, meinte er. Der Spuk dauerte an, solange er im Geschäft blieb. Ach, hätte er es doch wie Harrer gemacht und wäre zu Hause geblieben!
Das war unsere letzte Signierstunde.
© Susanne Sayici 2024-09-06