Kommunikation

HelgaP

von HelgaP

Story

Seufzend lege ich mein Handy aus der Hand. Wieder einmal ist eine schriftliche Unterhaltung in eine ganz andere Richtung verlaufen, als es von Anfang an geplant war. Die netten, gutgemeinten, aufmunternden Worte sind im Gehirn des Empfängers zu etwas ganz Anderem geworden, als ich als Absender mir gedacht habe. Gutgemeint wurde zu vorwurfsvoll, aufmunternd zu zynisch – wo in der Cyberwelt verändern sich die Worte so gründlich? Sitzt da irgendwo ein böser kleiner Übersetzungstroll in der Icloud, der die positiv beladenen Wörter in Windeseile in negativ beladene umpolt? Es ergab ein Posting das andere, der Ton wurde zunehmend rauer und letztendlich herrscht nun eine triste, graue Funkstille, in der sowohl Absender als auch Empfänger missmutig in ihrem Winkel schmollen.

Natürlich kann dieses Phänomen auch in einem direkten Gespräch auftreten. Auch hier können sich liebevoll gemeinte Worte in den Ohren des Gegenübers als eine Kränkung beträchtlichen Ausmaßes erweisen. Die eigene persönliche Erwartungsempfindung, die gute oder schlechte Tagesverfassung, das Wissen, das dem Gegenüber vielleicht fehlt, können hier traurige Dialoge zur Folge haben. Meist ist es in einem Gespräch aber leichter, solche Unstimmigkeiten zu klären. Oder auch nicht? Auch hier hängt es wieder ganz von der jeweiligen Befindlichkeit ab, inwiefern eine Person etwas Gesagtes als das annehmen kann, als das es auch gemeint war. Es ist auf alle Fälle leichter und schneller in einem Gespräch eventuelle Missverständnisse zu klären als schriftlich. Auch moderne Übersetzungshilfen, die im Internet zugänglich sind, können da so ihre Tücken aufweisen. Vor einigen Jahren sollte uns zu Weihnachten erstmalig eine Verwandte besuchen, die nur Russisch und Ukrainisch spricht. Die Familie wollte ihr ein nettes Weihnachtsfest bieten und so besorgte ich auch ein Weihnachtsgeschenk, welches sie dann hoffentlich freudig unterm Christbaum finden und dann auspacken würde. Es sollte nichts Teures sein und so griff ich zu einer Kombipackung von Sekt und eleganten Pralinen, die in Form einer Tasche verpackt waren. Ich suchte ein ansprechendes Weihnachtspapier, wählte eine schöne Masche als Paketschmuck und schrieb dann noch als kleinen Scherz das Wort „Notfallkoffer“, welches ich per Google translate auf Ukrainisch gesucht hatte, auf das taschenähnliche Paket.

Der Weihnachtsabend kam heran. Gesang, brennende Kerzen und fröhliche Weihnachtsstimmung bei der Bescherung machten ein gelungenes Weihnachtsfest mit dem Besuch schon fast perfekt. Dann bekam sie ihr Paket. Ich wartete schon auf ein amüsiertes Lächeln ihrerseits, welches doch nicht wie erwartet in ihrem Gesicht auftauchte. Es sah eher nach einem leichten Erschrecken und kühlem Kopfschütteln aus. Schließlich wandte ich mich an meine, auch ukrainisch sprechende Schwägerin und fragte sie, warum T. sich denn so gar nicht über ihr Geschenk freue. Meine Schwägerin griff sich das Paket, las das ukrainische Wort, das ich auf das Paket geschrieben hatte. Sie fing an zu lachen und erklärte, dass das Wort auf dem Paket „Gefährliche Tasche“ bedeutete. Danke Google translate!


© HelgaP 2024-01-26

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Komisch, Reflektierend