von Sam_Edring
Ja auch davon hat mir meine Oma erzÀhlt. Damals als die Russen kamen wie sie oft mit ihren Geschichten anfing.
Ihr Mann, mein Opa war ja im Russlandfeldzug. Er war da drĂŒben und sie war da. Die beiden liebten sich vom ersten Moment an. Sie fehlten sich von dem Moment an wo sich die Oma vom Opa am Bahnhof verabschiedete als es losging. An die Front.
„Victor bitte versprich mir das du gesund zurĂŒckkommst!“ erzĂ€hlte meine Oma oft von ihren Worten an ihren Mann, der in den Krieg gezogen wurde.
„Roswitha“ dabei hielt er mein GroĂvater seine Frau fest in den Armen, sie schluchzte „Roswitha ich liebe dich, wohin sonst sollte ich zurĂŒckkommen als in deine Arme?“
Dabei kĂŒsste er sie auf den Mund und bestieg den Zug. Der schnell unter Volldampf losbrauste.
Meine Oma blieb zurĂŒck am Bahnsteig wie viele andere Frauen und MĂŒtter Kinder und Menschen die mit Angst erfĂŒllt den ZĂŒgen nachwinkten. Er kam gesund aus Russland zurĂŒck. Er war bis zum letzten Kriegstag in der Armee.
Sie schafften es, die beiden mit ihrer Liebe mit ihrem Glauben mit ihrer inneren HĂ€rte diese grauenvollen Tage zu ĂŒberleben. Die Kinder zu versorgen. Sie schafften es wie so viele andere BurgenlĂ€nder in dieser Zeit. Sie schafften es weil sie daran glaubten, das da vorne in ihrem Leben eine andere Zeit eine glĂŒcklichere Zeit auf sie wartet.
„Oma, wie habt ihr das geschafft?“ fragte ich mal meine Oma, an einem Tag in den frĂŒhen 70er Jahren wo wir uns gemeinsam einen Film ĂŒber den Krieg angesehen haben.
„Viel Liebe, viel Vertrauen, viel GlĂŒck, viel Hingabe!“ war ihre Antwort.
„Oma warum weinst du?“ fragte ich dann meine Oma.
„Weil ich plötzlich die Hand von deinem Opa, von meinem Victor spĂŒre wie er mein Herz berĂŒhrt, wie er es streichelt, wie er es beruhigt, wie er es immer getan hat, auch damals als er in Russland an der Front war, hat er immer am Abend, wenn er hoch gesehen hat in den Himmel und die Sterne gesehen hat, sich vorgestellt das er mein Herz, meine Seele streichelt.“
Ich habe meinen GroĂvater nur ganz kurz in meinem Leben kennengelernt und dabei war ich 2 Wochen alt. Meine Mutter legte mich als Baby in seine HĂ€nde. HĂ€nde die bestimmt von der Arbeit beim Schilfschneiden rau waren, HĂ€nde die durch die Arbeit in der Ziegelei stark wurden und krank. Doch spĂŒre ich diese HĂ€nde heute noch und wenn ich hin spĂŒre, zu diesem Moment wo meine Mutter zu ihrem Schwiegervater sagte: „Der Sam, dein Enkelsohn, Victor!“
Dann spĂŒre ich diese HĂ€nde, die mich einfach halten und mich niemals hĂ€tten fallen lassen. NIEMALS!
Ich spĂŒre sie heute auch noch. Ich werde sie immer spĂŒren, auch wenn ich vielleicht sonst nichts mehr spĂŒren sollte, diese HĂ€nde werde ich immer spĂŒren.
„Oma“ versuchte ich damals meine Oma zu trösten „Der Opa sieht uns bestimmt in diesem Moment zu. So wie er damals in den Himmel geguckt hat, sieht er jetzt gerade runter zu uns und sieht dich als seinen Stern!“
Sie nahm mich ganz fest in die Arme meine Oma in diesem Moment. Im Spiegel sah ich meine Mutter, auch sie weinte in diesem Moment der Gemeinsamkeit.
© Sam_Edring 2020-01-31