Brimborium stand fassungslos da und hauchte: „Aber … Krinoline? War Euch das Schicksal Eures Kindes, Eures Fleisches und Blutes, denn gänzlich egal?“
Die Kaiserin starrte ihn mit einem Ausdruck abgrundtiefer Verachtung an und meinte kalt: „Ihretwegen musste ich den Kaiser heiraten und in dieses grauenvolle Land ziehen. Was hätte ich sonst tun sollen? Als ledige Frau mit einem Bastard am Bein wäre ich zur Hure oder zur Bettlerin geworden. Oder noch schlimmer, zur Alleinerzieherin! Dreimal verfluchtes Gör, bleib doch wo der Pfeffer wächst!“
Mit diesem letzten Fluch rannte die Kaiserin gegen die nächstgelegene Wand, brach sich das Genick und war tot. Augenblicklich begannen die Bischöfe, welche langsam wieder zu sich kamen, über die Nachfolge zu diskutieren. Prinzessin Krinoline schied aus, obgleich sie die Älteste war. Doch die eben von der Mutter eingestandene Unrechtmäßigkeit ihrer Abstammung machte ihre beiden Schwestern Kokolora und Hagzissa zu nächsten Anwärterinnen auf den Kaisertitel.
Krinoline schob sanft ihre Hand in die Brimboriums und meinte: „Komm Bruder, lass uns gehen.“
Zusammen mit Valentino, Sappho und den Geretteten verließen sie die Kirche. Krinoline atmete tief durch und rief: „Lasst uns zusammen eine große Familie gründen, in der jeder das sein kann, was er oder sie will.“
Brimborium stimmte freudig mit ein: „Wir suchen uns ein eigenes Land und eröffnen eine Schule! Einen Ort, wo jeder lernen kann, zu essen bekommt und sicher ist.“
Valentino standen Freudentränen in den Augen und er ließ es sich nicht nehmen, seinem Prinzen nun all die Küsse zu verehren, welche er bislang zurückgehalten hatte. Sappho sah dies wohlwollend an und meinte zu ihrer Prinzessin: „Nun hat sich auch der letzte Teil der Weissagung erfüllt. Der Prinz half dir dabei, dein Schicksal infrage zu stellen. Und nun endlich konntest du dich von allem Vergangenen lösen!“
König Leonce aber hörte nie wieder etwas von Brimborium. Seine beiden anderen Söhne waren ihm keine Hilfe. Lappalius steckte sich bei einer Hofdame mit einer Unterleibskrankheit an und ging elend zugrunde. Tamtam hingegen starb nach unendlichen, kräftezehrenden Studien und Verleugnung der körperlichen Bedürfnisse an Auszehrung.
Und wenn er nicht gestorben ist, dann sitzt König Leonce immer noch in kalter Pracht und nutzlosem Überfluss in seinem menschenleeren Thronsaal, denn auch der Hofmeister hat nach annähernd 200 Jahren im Amt unfreiwillig das Zeitliche gesegnet.
© Magdalena Markovic 2021-04-05