von Daniela Noitz
Bei uns in der Nähe gibt es einen Teich, bei dem viele Wochenendhäuser stehen und weil viele Menschen dorthin wollen, gibt es eine Straße. Diese führt genau durch das Gebiet, das die Kröten im Frühling durchwandern, um zum Teich zu gelangen und das zu tun, was sie schon immer taten, für Nachwuchs zu sorgen, schon lange bevor es die Straße gab. Viele Jahre hindurch ähnelte die Fahrbahn zu dieser Zeit einem Schlachtfeld und war übersät von toten Kröten. Deshalb werden jetzt regelmäßig zur Wanderzeit, Krötenzäune errichtet. Der hindert die Kröten daran, die Fahrbahn zu erreichen. Sie wandern an der Absperrung entlang und purzeln in einen Eimer. Jeden Abend und jeden Morgen sind brave Helferleins unterwegs, um die Kröten herauszuholen und unbeschadet über die Straße zu tragen. Ich dachte mir, da mache ich mit, denn das wäre endlich einmal eine Aufgabe im Tierschutz, an der niemand Anstoß zu nehmen vermag. Dachte ich zumindest.
Eines Morgens, es wird so gegen sechs Uhr gewesen sein, ging ich, nach getanem Werk mit meinem Kübel frohgemut entlang, als sich plötzlich ein weißer Mercedes neben mir einbremste. Die Dame öffnete das Fenster. Höflich wünschte ich ihr einen Guten Morgen. Das ignorierte sie geflissentlich, um gleich in Medias Res zu gehen. „Sind Sie eine von denen, die dafür sorgen, dass die Kröten quaken?“, fragte sie mich rundheraus. Ich holte gerade Luft, um zu antworten, aber sie ließ mir keine Zeit, sondern fuhr fort: „Ihr seid schuld, dass ich keine Ruhe mehr habe. Würdet Ihr die Kröten nicht retten, kämen sie nicht an den Teich und würden nicht solch einen Lärm veranstalten. Ich sag Ihnen was, da ziehe ich extra aufs Land, weg vom Lärm der Großstadt und was ist, wieder Lärm. Wissen Sie eigentlich, wie laut die sind? Haben Sie irgendjemanden gefragt, ob das in Ordnung ist, was Ihr da macht? Ich wüsste nichts davon, denn ich wäre nicht einverstanden gewesen, aber auch grün-linken Tierschützern sind die Menschen völlig egal, Hauptsache die verdammten Kröten können quaken. Und wer kümmert sich um mein Wohlbefinden?“ Ich hätte ihr gerne gesagt, dass es um das Gleichgewicht geht, dass die Kröten früher da waren als sie, dass sie die Insekten im Zaum halten und ähnliches, aber ich kam nicht dazu, denn mit einem „Ich werde dafür sorgen, dass das verboten wird“, rauschte sie davon.
Ich hätte mir sehr gewünscht, es wäre nur ein böser Traum gewesen oder eine Ausgeburt meiner literarischen Phantasie, aber es ist genau so passiert. Es ist eigentlich schade, aber wir retten die Kröten nach wie vor und wir lassen uns nicht einschüchtern. Dennoch würde ich mir wünschen, dass Menschen ein besseres Einvernehmen mit der Natur fänden.
© Daniela Noitz 2024-01-29