Nach dem Kulturauftrag, dem Kulturbeutel, dem Kulturcafe, dem Kulturdachverband, der Kulturente – nein, sorry, das war doch die WCente – kommt nun: die Kulturfläche!
„Der Ausdruck ‚Kulturfläche‘ bezeichnet die Fläche, die der Gesamtheit der Fläche entspricht, die zur Erzeugung einer spezifischen Kultur in einem bestimmten Jahr eingesät wurde.“
So muss man das wohl formulieren, wenn man in der EU was werden will. (Quelle: Europäische Union, Verordnung (EG) Nr. 543/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Statistik der pflanzlichen Erzeugung und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 837/90 und (EWG) Nr. 959/93 des Rates)
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, irgendwo im EU-Apparat einen Beamten und oder eine Beamtin zu finden, der/die uns das erklären würde: Kulturflächen sind Ackerflächen. Oder liege ich mit dieser Definition wieder einmal kilometerweit entfernt vom Anspruch juristischer Präzisionsarbeit?
Weder noch. Wahr ist vielmehr: Das Beamtentum in Wien hat Kulturflächen neu und letztgültig definiert. Der Fachmann unterscheidet zwischen City Light Säulen, City Lights, Kultursäulen, Lichtmasten, Litfaßsäulen, Telelights und – das ist die Innovation des Jahres – Schaltkästen.
Wildplakatieren auf diesen Kulturflächen ist verboten, denn alles hat in Wien seine Ordnung.
Ich persönlich finde es ungerecht, dass alle Hunde dieser Stadt straflos an alle Wiener Kulturflächen pinkeln dürfen, während ein Künstler und oder eine Künstlerin, der/die unerlaubt seine Markierungen auf diesen Kulturflächen hinterlässt, mit einer Geldbuße rechnen muss.
Anmerkung: Im Kunstkrimi „Das Testament des Damien First“ (erschienen 2013) schreibt der Autor über eine Konzeptkünstlerin, die in einer Nacht- und Nebelaktion auf den Kulturflächen Plakate mit folgender Aufschrift affichiert hat:
„PLAKATIEREN VERBOTEN“
Diese Forderung hat die Vermarktungsgesellschaft der Kulturflächen später übernommen. Es ist nicht bekannt, ob und wie viel sie für das Urheberrecht der Künstlerin bzw. dem Autor bezahlt hat.
© Hubert Thurnhofer 2024-01-16