von Jökull
Im Winter zwischen 9- und 49-Euro-Ticket ist die ostfriesische Insel Wangerooge das Ziel. In Bremen steigen wir um in den Regionalzug nach Oldenburg. Dort begeistert uns der schöne alte Wartesaal, heute das Reisezentrum. Weiter geht es nach Sande und von Sande nach Jever. Von Jever aus fährt ein Bus zum Fährhafen Harlesiel, der auch im gemütlichen Sielhafen Carolinensiel hält, wo man einen Zwischenstopp unbedingt einplanen sollte. Die Traditionsschiffe sind einen Kurzbesuch von einigen Stunden allemal wert.
In Harlesiel fährt der Bus in einem großen Bogen über die Deichkrone und hält vor dem Fähranleger. Die Überfahrt mit der DB-Fähre WANGEROOGE ist nicht im Niedersachsenticket enthalten. Dabei handelt es sich eindeutig um Nahverkehr und nicht um eine Transatlantik-Passage. Auch der Anschlusszug vom Hafen Wangerooge in den Ort ist alles andere als ein Fernverkehrssprinter.
Wer in Deutschland eine Insel besucht, kommt unweigerlich mit dem Thema Kurtaxe in Berührung und fragt sich nach dem tieferen Sinn. Vor allem dann, wenn er als bescheidener Reisender weder eine Kur geplant hat, noch daran denkt, mit der Taxe vom Kurhaus zur Unterkunft zu fahren. Soweit bekannt, dürfte es auf der autofreien Insel auch keine Taxen geben, zumindest keine mit Verbrennungsmotor. Gut, Taxe ist hier ein anderes Wort für Steuer, also könnte man diese Abgabe auch Kursteuer nennen. Aber auch dann stellt sich die Frage, warum man für eine Kur, die man gar nicht in Anspruch nimmt, eine Steuer bezahlen soll.
Irgendwo habe ich gelesen, dass man die Kurtaxe bereits beim Kauf des Fährtickets auf dem Festland bezahlen kann. Dann hat man diese lästige Angelegenheit hinter sich gebracht und kann sich unbeschwert der Muße hingeben. Weit gefehlt. Die Kurabgabe kann frühestens bei Ankunft am Bahnhof Wangerooge oder während des Aufenthaltes in der Kurverwaltung entrichtet werden. Ein dezentraler Einzug der Kurabgabe, die andernorts als Fremdenverkehrsabgabe bezeichnet wird, z.B. bei der Anmeldung im Hotel, ist hier nicht vorgesehen.
Wir finden die etwas in die Jahre gekommene Kurverwaltung am Ende der Promenade und sind überrascht, dass der Besuch kurz und schmerzlos ist. Im Sommer, wenn eine ganze Schiffsladung Urlauber gleichzeitig an der Wangerooger Seebrücke anlegt, dürfte der Andrang an der mit nur einem Mitarbeiter besetzten Kurabgabekasse groß sein.
Trotz der Irritationen um die Gebühr tut das winterliche Reizklima Körper und Seele gut. Dafür haben wir uns beim Wandern von anderen Unzulänglichkeiten berichten lassen. Zum Beispiel von den durch das Winterhochwasser in Mitleidenschaft gezogenen Dünen und den ins Stocken geratenen Sanierungsarbeiten und Sandaufspülungen. Es seien schon mehrere Firmen gekommen und unverrichteter Dinge wieder verschwunden.
Vor der Rückfahrt betreten wir zum ersten Mal das Bahnhofsgebäude. Der für die Kurtaxe zuständige Mitarbeiter bietet uns eine Flasche Mineralwasser an, während wir auf den Zug warten. So kommen wir unverhofft zu einer Trinkkur und die Kurtaxe ist in letzter Minute legitimiert.
© Jökull 2023-08-21