Liebesbrief, der keiner is‘

Ich habe noch nie einen Liebesbrief geschrieben. Den ersten, den ich bekam, das war damals in der zweiten Klasse. Empört war ich. Wie der Kerl sich das erlauben konnte – mir einen Liebesbief zu schreiben!

Das ist lange her. Ich habe nie wieder einen Liebesbrief bekommen und geschrieben erst recht nicht. Ich weiß auch gar nicht, wie man so was macht. Und den von damals konnte ich auch nicht zur Vorlage nehmen – ich glaube nämlich, dass die wenigsten noch Faxgeräte daheim haben, deren Nummer man als Kontakdaten angeben kann, deswegen …Ich weiß nicht, wie man einen Liebesbrief schreibt.

Und ehrlich gesagt, tut mir das aufrichtig leid, weißt du. Immerhin wärst du der Adressant. Ich kann zwar keinen schreiben, aber wenn ich es könnte, was würde ich da nur reinschreiben. Dass du der wundervollste Mensch bist, den ich kenne und den ich nicht nur kennen, sondern auch lieben lernen durfte. Dass ich mich in jedem noch so kleinen Moment völlig neu in dich verliebe und mich jedesmal zwicken möchte, wenn ich neben dir erwache und mir bewusst wird, dass das mit uns kein Traum war. Nicht zu schön, um wahr zu sein, sondern Realität. Dass ich es niemals für möglich gehalten hätte, eine Liebe wie zu dir erfahren zu dürfen. So geliebt zu werden, wie du es tust, ich habe es jahrelang für reinen Lug und Betrug gehalten, utopisch, nicht zu erreichen. Ein Semi-Optimal wäre zu bewerkstelligen, aber „Liebe“? Ich?

Wer würde sich denn bereit erklären, sich in mich zu verlieben? Und was sagt mir, dass ich diesen Verrückten dann auch noch mag? Als Teenie auf Omas Terrasse im Sommer bei einem Stück Trostkuchen war mir die Vorstellung von diesem Jemand wirklich unerreichbar vorgekommen.

„Der Richtige wird schon noch kommen.”

Und was, wenn nicht? Ich hörte auf zu suchen. Gab auf, zumindest für den Moment. Nur, damit dein Herz mir vor die Füße purzelt, ich es aufhebe und es zu meinem werden lassen konnte. Es mit meinem vereine, es in sanfte, liebevolle Fesseln lege, es an mich binde, sodass es mir nie wieder abhanden kommt. So jemanden wie dich findet man so schnell nicht wieder. So jemanden wie dich gibt es kein zweites Mal. Du bist einzigartig. Du bist wie Kunst.

Und du bist meine Muse, meine volle Inspiration, Anker meiner Leidenschaft und Fels der Brandung der Bucht, in der meine Seele vergraben liegt. Du bist mein Herz.

Und ich würde dir so gerne einen Liebesbrief schreiben, und doch wüsste ich nicht, wie ich es anstellen sollte. Allein der Anfang bereitet mir Kopfzerbrechen. Fange ich mit deinem Namen an oder gar mit einem der vielen Kosenamen, die sich mein Herz einfallen hat lassen, um das Schönste zu beschreiben, was in seinem Innersten einen Platz gefunden hat?Wer sagt mir denn, wie man so was anfängt? Wo lernt man das und wer lehrt es?

Ich verspreche dir, wenn ich irgendwann diesen buddistischen Zen-Meister antreffe, der einem das beibringt, so bist du der erste, dem ich meine neuen Künste offenbare.

Sodass ich dir an jedem Tag aufs Neue sagen kann, wie sehr ich dich liebe.