Lütt Dirn, kumm man röwer, ick hebb‘ ne Birn

Heinz-Dieter Brandt

von Heinz-Dieter Brandt

Story

Wie gerne erinnere ich mich an meine Grundschulzeit. Früh wurden wir mit Heimatdichtern, u.a. Theodor Fontane, bekannt gemacht. Seine berühmten „Wanderungen durch die Mark Brandenburg” faszinierten Generationen – ebenso seine Werke “Efie Briest”, „Irrungen und Wirrungen“, “Stechlin“ uvm. Als Schüler mussten wir aber sein Gedicht über Herrn Ribbeck und dessen Birnbaum lernen.

“Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland – ein Birnbaum in seinem Garten stand … und kam in Pantinen ein Junge daher, so rief er »Junge, wiste ’ne Beer?« … Und kam ein Mädel, so rief er: »Lütt Dirn, kumm man röwer, ick hebb’ne Birn.«

Das Vorbild für diese Figur war wohl Hans Georg von Ribbeck (1689–1759), der für seine Kinderfreundlichkeit bekannt war.

50 km nordwestlich von Berlin, an der B5, liegt das ehemalige Lehnsgut Ribbeck – heute ein liebenswertes Dorf. Graf Albrecht hatte 1134 die Nordmark erobert und wurde vom Kaiser Lothar III. in den Stand eines „Markgrafen von Brandenburg“ erhoben. Er rief Siedler in sein Land, gab den Adligen Ländereien als Lehen und verpflichtete sie, das Land zu kultivieren, Kriegsdienste zu leisten und für die Verbreitung des christlichen Glaubens zu sorgen. Zu den „Eingewanderten” gehörten Mitglieder einer Familie “von Ribbeck” – aus dem Westen des Reiches.

Der erste Heinricus de Ritbeke war 1237 Domherr und Priester: „Hujus autem rei testes sunt: Heinricus de Ritbeke plebanus de sancto Godehardo“. Seit 1485 gibt es eine Generationenfolge, aus der sich eine ost- und eine westhavelländisch Linie entwickelte. Die Ribbecks waren Landwirte, erweiterten ihre Besitzungen, hatten auch Beamte, Offiziere, Geistliche und Gelehrte in ihren Reihen.

Während der nationalsozialistischen Herrschaft verhielten sie sich unterschiedlich. Der osthavelländisch Hans Georg war NSDAP-Mitglied, später Regierungsdirektor in der Bundesrepublik. Hans Georg Karl Anton (westhavelländisch) gehörte zwar nicht dem Widerstand an, wurde 1944 als „Feind des Volkes“ verhaftet und verstarb 1945 im KZ Sachsenhausen. Der letzte Gutsbesitzer von Ribbeck war Hans Georg Friedrich-Karl. 1945 wurde das Gut in Ostdeutschland aufgeteilt (Bodenreform). Die Ribbecks wurden ausgewiesen, zogen über Berlin nach Westdeutschland, wurden nach dem Ende der DDR-Zeit aber entschädigt.

Nun vereinten sich die Linien. Dietrich von Ribbeck kaufte einen Vierseithof, Friedrich-Carl den alten Kutschpferdestall und die ehemalige Brennerei. Beide setzten die 777-jährige Familientradition fort.

Ihr renoviertes denkmalgeschütztes Schloss mit Hotel, Restaurant und einer sehenswerten (z.T. birnenförmig angeordneten) Fontane-Ausstellung ist ein Tourismuszentrum. Aus der ehemaligen Schule wurde ein Museum mit einem niedlichen Cafe. Da gibt es Torten, Liköre und Schnaps. Natürlich … aus Birnen.

Und die Birnenbäume gibt es auch heute noch in Ribbeck, denn …

“Segen spendet noch immer die Hand – des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland”.

© Heinz-Dieter Brandt 2021-04-16

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