Als die Blätter begannen von den Bäumen zu fallen, veränderte sich alles. Bei einem Abendspaziergang warst du ungewöhnlich wackelig auf deinen Beinen, hacktest dich nach wenigen Metern bei mir ein. Du konntest mir selbst nicht genau sagen, was mit dir los war. Du wirktest kraftlos und müde, geschlaucht von den letzten Monaten. Die Arbeit hatte dir viel ab verlangt. Du hattest dich immer tiefer in die Arbeit geflüchtet, am Wochenende oft gearbeitet und einige Überstunden angehäuft. Im Nachhinein frage ich mich, ob es mir früher hätte auffallen müssen, dass du dich verändert hast. Wo du sonst eher ruhig und optimistisch bist, wirktest du stetig gestresster, unausgeglichen und auffallend pessimistisch. Es ist nicht deine Art den Kopf in den Sand zu stecken, aber nun war irgendetwas im Gange.
Ich war zumindest erleichtert, als du dich überzeugen liest für ein Check-up ins Krankenhaus zu gehen. Selten war ich so froh, dass meine Tante auf der Neurologie arbeitet und direkt alles in die Wege leitete. Obwohl ich wusste, dass du in guten Händen bist, hatte ich dieses komische unliebsame Gefühl in mir. Den ganzen Tag auf der Arbeit schaute ich immer wieder auf mein Handy. Immer in Bereitschaft sofort meinen Arbeitsplatz verlassen zu können, wenn du mich brauchen würdest.
Dein MRT vom Kopf war stark auffällig. Noch am selben Abend wurdest du in ein anderes Krankenhaus verlegt. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich gar nicht begreifen, was das nun heißen würde. Das konnte wohl niemand von uns. Denn nun würde sich alles verändern.
Die nächsten Monate waren für uns wie ein Albtraum, aus dem man sich wünscht aufzuwachen. Du merktest von all dem nichts. Du lagst im Koma. Nach etlichen Komplikationen, zahlreichen OPs und Wochen die nur so verflogen, warst du körperlich da, aber deine Seele an einem anderen Ort. In der Schwebe zwischen Leben und Tod. Wir wussten nicht, ob du wieder aufwachen kannst. Und wenn, wussten nicht in welchem Zustand das sein würde.
Meine Mama ist ein Wunder! In einer Situation in der sich niemand traute auszusprechen, dass wir alle Angst um dein Leben hatten, hast du gekämpft! Am Anfang konntest du dich nicht bewegen, konntest nur daliegen und nichts äußern. Mühevoll hast du dir alles zurückgekämpft. Wir waren so unendlich glücklich als du den kleinen Finger ein ganz klein wenig bewegen konntest. Tag für Tag kämpfst du dich immer weiter ins Leben zurück. Dein Weg ist kein leichter! Dennoch hast du nie aufgeben und wir haben nie aufgehört an dich zu glauben!
Du bist unser großes Vorbild und zeigst allen, dass es sich immer lohnt zu kämpfen und an sich zu glauben! Meine Mama ist ein Wunder. Sie hat eine Superkraft, mit der sie alles schafft. Mit der sie das Unmögliche, möglich macht.
© Ann-Kathrin Hanse 2024-07-31