von MISERANDVS
Zugegeben, wir haben schon einiges intus an dem Abend. Meine Kumpels und ich. Viel schlimmer, als das, was in so einen Kerl hineingeht an einem “Männerabend”, ist manchmal allerdings das, was aus einem Kerl herauskommt. An Worten jetzt, nicht an Flüssigkeiten! Obwohl, …
Noch immer lachen wir brüllend darüber, wie Joe sie beschrieben hatte, seine Traumfrau. Minutenlang hatte er schwadroniert, wie er seine perfekte Frau zusammengesetzt haben wollte. Klischeehaft, wortreich und mit zahlreichen Gesten untermalt, in welchen er Größenangaben mit weit geöffneten Händen untermalt hatte. Das mit den “Backen zum Nüsseknacken” hatte uns den Rest gegeben, obgleich es sich reimte und somit – promillent gerechnet – sogar literarisch wertvoll war.
„Na, und deine Traumfrau?“, wird die Frage weitergereicht an Fritz, der sich erst nach allen Seiten umsieht, und dann kleinlaut eingesteht: “Jungs… ! Ihr wisst, dass ich verheiratet bin. Ich hab meine Traumfrau schon gefunden.” Da geht ein Grölen durch die Runde. Bierdeckel und Erdnüsse werden geworfen und wir beschließen, dass wir uns ein Jahresabo vom Ballett kaufen werden, weil Fritz da bestimmt demnächst in Strumpfhosen über die Bühne hoppeln wird. “Du Pussy!”, brüllt Joe. Und viele Gäste drehen sich mit vorwurfsvollem Blick nach uns um. Joe reagiert mit: “ ‘s is’n, ha?”
Dann bin ich an der Reihe. Ich nehm‘ einen Schluck, dann sage ich: “Körperlich ist es mir egal.” Mehr braucht es nicht. “Ja, klar!”, sieht Fritz die Gelegenheit gekommen, sich vom Nimbus der “Gruppenmuschi” zu befreien und das Zepter weiterzureichen: “Töpf‘ sind wurscht, gell? Hauptsache a liebe Art.” Ernusshagel. Geschrei. Karl rülpst beeindruckend lang und laut, schluckt dann hektisch, haut mit der Faust zweimal auf den Tisch und brüllt: “DAS, meine Herren, DAS ist Beherrschung! Ein Anderer hätt‘ sich jetzt ang’spieben.” Die Runde lacht und applaudiert.
Erneut werde ich aufgefordert, meinen verbalen Obolus zu leisten und gefälligst mehr zu saufen.
Ich denke eine Weile, was nach so viel Stoff nicht leicht ist. “Meine Traumfrau…”, hebe ich an und mache eine bedeutsame Pause: “… Meine Traumfrau, ihr Plärrer, die muss g’scheit sein! G’scheiter als ich. Sie soll mich überraschen und das immer. Witzig muss sie sein, weil i mit ihr Tränen lachen will. Fordern soll’s mich, auf alle denkbaren Arten. Sie muss balla-balla sein, dass ich bloß nie weiß, wie ihre Sätz‘ enden. Und, … und das ist das Wichtigste: Komplett gaga und durchgeknallt soll sie sein. So dermaßen neben der Spur, dass i am Abend beim Einschlafen net weiß, ob sie mi in der Nacht nicht kaltmacht, weil i den G’schirrspüler wieder falsch eingeräumt hab. So eine will ich. Also in einem Wort: A gaaaanz normaaaale Frau!” Schweigen. Verständnislose Männerblicke richten sich auf mich. Das kann ich so wohl nicht stehenlassen. Also hebe ich mein Glas und ergänze: “Und Töpf‘ und an Arsch muss ’s haben!”
Die Runde grölt und lacht … und Karl speibt am Boden.
© MISERANDVS 2021-02-28