Männerdiät

Marianne Frank

von Marianne Frank

Story

Ich treffe mich mit Sarah in einer Bar in der Wiener Innenstadt. Es ist Samstagabend, 20 Uhr, wir haben uns in Schale geworfen und wollen schauen, wohin der Abend uns führt. Sarah hat soeben einen Burger mit Pommes und einem Glas Weißwein bestellt, genau wie ich. Sie klappt die Speisekarte zu und reicht sie dem jungen Kellner. „Ich bin jetzt übrigens auf Diät“, verkündet sie mir. Leicht verwirrt schaue ich sie an. Wenn Burger, Pommes und Wein neuerdings eine erfolgversprechende und medizinisch anerkannte Diät wären, hätte ich das ja wohl mitbekommen. Sarah muss kurz lachen, als sie mich beobachtet. „Ich rede nicht vom Essen“, fügt sie erklärend hinzu. „Ich bin auf Männerdiät.“

Aha, denke ich mir und frage mich, was nun kommt. „Du hast ja all meine Dramen mit den Kerlen in den letzten Jahren miterlebt“, bricht es aus ihr heraus. „Der Gipfel war vorgestern das Date mit dem Sohn von Mamas bester Freundin Sabine. Ich kenne Georg ja schon ewig und er war nie mein Typ. Aber Mama ist mir so in den Ohren gelegen. Er ist Mitte 30, wohnt bei seiner Mutter, sie kocht, wäscht und bügelt für ihn und sein einziges Hobby sind anscheinend Computerspiele. Zumindest war das seine Antwort. Ich weiß wirklich nicht, was sich meine Mutter dabei gedacht hat.“

Sarah hatte einfach kein Glück mit den Männern. Vor Georg hatte es Sebastian gegeben, der nach 2 Monaten des Treffens auf keine Anrufe und Nachrichten Sarahs mehr reagierte und wie vom Erdboden verschluckt schien. Raphael, der sich nicht sicher war, ob er Sarah oder doch noch seine Ex liebte. Lukas, der überhaupt nicht zu wissen schien, was er wollte. Und noch einige andere.

„Und wie sieht deine Männerdiät aus?“, frage ich Sarah neugierig.

„Ein Jahr lang keine Männer. Das ist der Plan. Kein Kontakt zu irgendeinem männlichen Wesen, außer ich bin mit ihm verwandt, befreundet oder wir arbeiten zusammen.“ Ich schmunzle in mich hinein. Das kann ich mir bei Sarah nicht vorstellen. Sie, die immer gut ankommt bei Männern. Die sich so sehr wünscht, endlich „den Richtigen“ zu finden und ohnehin nicht gut allein sein kann.

„Du glaubst mir nicht“, interpretiert sie meine Irritation richtig. „Wollen wir wetten?“ Ich schüttle nur lachend den Kopf und frage sie, was sie denn mit der freien Zeit nun machen wolle.

„Vielleicht date ich einfach mal Frauen“, meint Sarah mit vielsagendem Blick. „Oder ich suche mir ein neues Hobby und fange an zu stricken“, fügt sie lachend hinzu.

In diesem Moment bringt eine Kellnerin zwei weitere Gläser Wein. Wir wollen schon ablehnen, schließlich hatten wir nichts bestellt. „Die sind von dem Herrn da drüben“, bekommen wir als Antwort. Die Kellnerin deutet in Richtung Tresen. Ein Mann um die 40 hebt sein Glas und lächelt uns an. Solche Szenen gibt es doch nur im Film, denke ich. Und blicke zu Sarah. Er gefällt ihr, das sehe ich sofort. Vielleicht hätte ich ja doch wetten sollen, sage ich mir, als Sarah ihn zu uns an den Tisch bittet. Aus reiner Höflichkeit natürlich, wie sie mir am nächsten Tag sagt.

© Marianne Frank 2022-07-08

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