von kleinschreibung
Freude schenken, sagt die Werbung und schlägt dazu tausend mehr oder weniger einfallslose Produkte vor, die das kühne Versprechen einlösen sollen und, wenn wir ehrlich sind, alle nicht nach besonders viel Spaß aussehen.
Wenn ich kurz vor Weihnachten aus dem Zug steige, habe ich hoffentlich trotzdem etwas gefunden, das als kleines Päckchen im Koffer mitreisen darf. Immerhin kannst du inzwischen lesen und das Geschenk unter dem Weihnachtsbaum anhand deines Namens identifizieren, weil knallbuntes Kinderpapier noch nicht aussagekräftig genug ist. Eventuell ein falscher, ominöser Absender: das Christkind, dein Wichtel, der Weihnachtsmann – an Heiligabend wollen wir alle jemand anders sein.
Ist auch nicht so wichtig, denn am Ende des 24. Tages zählt nur, was nach dem „Für“ kommt und da steht „Saiman“, mit zwei A, auch wenn alle, denen du dich vorstellst, an die englische Aussprache von Simon denken und es unterschlagen oder krümmen wollen. Irgendwann wird dir dieses Muster auffallen und du wirst dich darüber wundern. Im Augenblick ist es nur ein Kuriosum.
Ich weiß noch nicht, was ich dir schenken möchte, weil ich dich zu selten sehe und deine Launen nicht kenne. Was im letzten Sommer cool war, ist es bis Weihnachten schon lange nicht mehr.
Papa sagt, du kannst dich nicht genug für Dinge begeistern. Ihm würde es gefallen, wenn du mehr Spaß am Klavier- oder Fußballspielen finden würdest, als hätte er vergessen, dass er auch mal ein kleiner Junge mit einem eigenen Kopf war und sich Begeisterung nicht aufzwingen lässt. Die Jugend von heute, das sagt sich ganz leicht, wenn man zur Jugend von gestern oder vorgestern verkommen ist, die vor dem mittelgut sortierten Regal der Spielwarenabteilung steht und sich von Glubschplüschis anstarren lässt.
Das Glitzern in den regenbogenfarbigen Augen wie eine manische Parodie auf deine echte Lebensfreude, als du zum ersten Mal so ein Plüschtier in der Hand gehalten hast. Das ist auch schon wieder ein paar Jahre her, aber deine Augen besitzen noch immer ihre klare Tiefe in unbedingter Erwartung des Guten und ich würde dieses Gefühl in dir so gerne in einem leeren Marmeladenglas konservieren, damit du es entgegen der Unvermeidlichkeit des Erwachsenwerdens für immer behalten kannst.
Ich verliere den Starrwettbewerb gegen den Einhornlöwen und lege ihn in den Einkaufskorb, aber es ist nicht so wichtig, Hauptsache wir können über ihn lachen.
Denn vielleicht wirst du ja irgendwann einmal nachts wachliegen und über das Leben nachgrübeln und plötzlich an dieses bescheuerte Weihnachtsgeschenk denken müssen und an die vielen anderen Weihnachtstage und Nichtweihnachtstage, die als Erinnerung in Einmachgläsern stecken. Und vielleicht wirst du dabei sogar lächeln.
© kleinschreibung 2021-12-08