von Hanna Oppelmayer
Ich hatte es tatsächlich geschafft! Ich war ohne Karte auf den begehrtesten Maskenball von ganz Wien gekommen. Es war zwar nicht einfach gewesen, sich an den unzähligen Security-Leuten vorbeizuschmuggeln, aber jetzt war ich hier. Ich sah mich um. Die Hofburg war festlich geschmückt: Überall goldene Girlanden, Stühle mit rotem Samtüberzug und Tische mit feinen weißen Tischtüchern. Ich war umgeben von lauter festlich gekleideten Herren und Damen, deren Identitäten sich hinter bunten Masken verbargen. Gerade wollte ich mir ein Glas Champagner holen, als ich sie plötzlich sah: Blonde Locken flossen über ihre nackten Schultern und ihr zarter Körper war in ein goldenes Kleid gehüllt. Eine edle Maske mit goldener Verzierung verdeckte ihr Gesicht. Sie starrte direkt zu mir herüber. Trotz der Maske konnte ich erkennen, dass ihr Blick auf mich geheftet war. Ihre Lippen umspielten ein verführerisches Lächeln. Ich war sofort in ihren Bann gezogen. Mit einer kurzen Handbewegung bedeutete sie mir, ihr zu folgen. Wie in Trance folgte ich ihr durch all die anderen Champagner trinkenden und tanzenden Gäste. Sie schien regelrecht durch die Menschenmenge zu schweben. Ich dagegen hatte Mühe, in niemanden hineinzulaufen oder jemandes Champagner zu verschütten. Ohne darauf zu achten, wohin mich die geheimnisvolle Frau führte, folgte ich ihr. Meine Augen waren auf ihr goldenes Kleid fixiert, fest darauf bedacht, sie nicht aus den Augen zu verlieren. Sie ging durch eine Tür. Ich lief ihr nach. Plötzlich blieb sie stehen und ich tat es ihr gleich. Es waren nur noch einige Meter, die uns trennten. Mit einem Mal bemerkte ich, dass wir uns auf der Straße vor der Hofburg befanden. In diesem Moment zog sie sich die Maske vom Kopf und pinnte einen Anstecker mit der Aufschrift „Security“ an ihr Kleid. „Das nächste Mal, wenn Sie Gast bei einer Veranstaltung sein wollen, kaufen Sie sich besser eine Karte!“
© Hanna Oppelmayer 2020-04-19