Mein erster Job – Mein erstes Gehalt – 6

AnonymWriter

von AnonymWriter

Story

Mein erstes Gehalt betrug 480 Euro netto. Ich war 16 Jahre alt und hatte einen Samstagsjob, in dem ich an jedem Wochenende alles gab. Für mich war es ein wichtiger Schritt, endlich eigenes Geld zu verdienen, auch wenn es nur ein kleiner Job war. Ich war stolz auf das Geld, das ich selbst erarbeitet hatte, und hatte tausend Pläne, wofür ich es ausgeben wollte.

Doch das Traurige daran war: Ich durfte mein Geld nicht behalten. Jeden Cent, den ich verdiente, musste ich genau abrechnen und an meine Eltern weitergeben. Es war nicht so, dass ich nichts dafür zurückbekam – meine Eltern bezahlten mir alles, was ich brauchte. Ich bekam Schuhe, Kleidung und all die anderen Dinge, die für den Alltag notwendig waren. Aber als Kind wollte ich nicht nur Schuhe. Ich wollte mehr. Mit 16 Jahren sehnt man sich nach Freiheit, nach kleinen Momenten, in denen man selbst entscheiden kann. Ich wollte mein Geld nicht nur für Dinge ausgeben, die als „notwendig“ angesehen wurden. Ich wollte ins Kino gehen, eine Spielehalle besuchen oder einfach mal mit Freunden einen Ausflug machen. Ein Ausflug bedeutete für mich nicht viel, nur ein kurzer Gang zum Einkaufszentrum, das nur fünf Minuten von meinem Zuhause entfernt war. Ich wollte die Freiheit haben, mir etwas zu kaufen, was mir Freude bereitet, ohne mich rechtfertigen zu müssen.

Vor allem wollte ich mein Geld für etwas so Einfaches wie ein Eis ausgeben – ohne Ausreden suchen zu müssen. Ich erinnere mich an die Pausen in der Schule, wenn ich und meine dominikanische Freundin auf dem Schulhof standen und ein Eis kaufen wollten. Oft hatte ich nicht das Gefühl, dass ich es mir leisten konnte, weil ich das Geld streng nach Hause bringen musste. Aber in den seltenen Momenten, in denen ich es doch schaffte, etwas Geld zur Seite zu legen, fühlte es sich an wie ein kleines Stück Freiheit. Mit 16 geht es nicht nur um das Geld. Es geht darum, das Gefühl zu haben, für etwas belohnt zu werden, das man sich hart erarbeitet hat. Es ging mir nicht darum, dass meine Eltern mir nichts gönnten, sondern darum, dass ich immer das Gefühl hatte, mich rechtfertigen zu müssen. Ein Kinoabend, ein Ausflug ins Einkaufszentrum oder auch nur ein kleiner Snack in der Pause – es waren diese kleinen Momente, die ich mir so sehr wünschte. Momente, in denen ich selbst entscheiden konnte, was ich mit meinem Geld mache.

Rückblickend weiß ich, dass meine Eltern das Beste für mich wollten. Sie sorgten sich darum, dass ich immer alles hatte, was ich brauchte. Sie wollten mir Werte wie Verantwortung und Sparsamkeit beibringen, und dafür bin ich heute dankbar. Doch ehrlich gesagt, war ihre Erziehungsweise für mich oft zu streng. Ich fühlte mich kontrolliert, und manchmal schien es, als gäbe es wenig Raum für eigene Entscheidungen. Die Freiheit, die ich mir wünschte, war oft unerreichbar. Aber das war das Umfeld, das ich kannte. Für mich war diese Strenge der Normalzustand. Andere Kinder durften mehr Freiheiten genießen, und ich verstand nie ganz, warum ich das nicht durfte. Es waren nicht die großen Dinge, die ich wollte, sondern die kleinen Freuden – ein Eis, ein Ausflug ins Einkaufszentrum, ein Kinobesuch. Diese Highlights waren es, die mir fehlten, und oft fühlte es sich an, als wäre mein hart erarbeitetes Geld nicht wirklich „meins“.

© AnonymWriter 2024-09-22

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Herausfordernd, Emotional, Traurig, Challenging