Meine Instagram Bio sagt OÖ/VIE

Hanna Littich

von Hanna Littich

Story

„Nächster Halt, next stop: Wels Hauptbahnhof.“ Chris Lohner begrüßt mich in der alten Heimat. Fast zumindest. Eine halbe Stunde mit dem Auto westwärts noch bis zu dem Ort, an dem ich aufgewachsen bin, laufen und lieben gelernt habe. In diesen Tagen will ich nicht zurück.

Es ist immer jemand da, der mich abholt und Dankbarkeit vermischt sich mit Schuldgefühlen. Sollte ich nicht glücklicher sein? Alle freuen sich, mich zu sehen. Es ist umgekehrt genauso, aber irgendwie hat der Himmel hier seine Farbe verloren.

Meine Kindheit zieht vorbei wie die Rapsfelder, die die Landstraße säumen. Ich denke gerne daran, wie ich aufgewachsen bin. Wir haben den Wald zum Spielplatz gemacht, auf Baumstämmen sitzend Jause geteilt und es Sommer genannt. Wo ich herkomme, wird geteilt, man grüßt sich, der Gemüsegarten geht über mit Erdbeerminze.

Im Nachbarort schießen Häuser aus dem Boden. „Oh, eine neue Maschinenhalle.“ „Wann haben sie diese Wiese gemäht?“ „Nein, ich habe nicht gewusst, dass die heiraten.“ Wo ich herkomme, verändert sich nicht viel und deshalb wird alles kommentiert. „Hast du die Farbe seiner Hose gesehen?“ „Sie hat zugenommen, oder?“ Es könnte mich nicht weniger interessieren. Welches Leben würde ich verlieren, wenn ich sagen würde, was ich denke? Mein Jugendzimmer wartet auf mich und die Kleidung im Schrank ist an den Ärmeln zu kurz geworden. War ich hier mein halbes Leben halb ich selbst?

Wo ich herkomme, gibt es nur eine Art, zu existieren und sie engt mich ein. Wo ich herkomme, haben wir eine stille Übereinkunft getroffen. Ich spreche nicht aus, wie sehr ich mich an diesen Grenzen stoße und sie geben ihr Bestes, mich nicht anzusehen, als hätte ich meine Herkunft verraten. Als hätte ich sie betrogen.

Wo ich hingegangen bin, kann ich sein. Wien fragt nicht, Wien lässt mich. An den Ufern der Donau tanzt es sich leicht. Aber vielleicht bin ich der Stadt auch einfach nur egal, vielleicht ist sie zu groß, um jeden darin lieb zu haben. Was macht man denn, wenn in der Brust zwei Herzen schlagen und beide davon gebrochen sind?

Wie lange schaue ich noch auf die Fichten, die den Horizont bestimmen und sage dazu Nachhausekommen? Ich versuche ja, meine Wurzeln wieder etwas besser einzugraben. Mich zu erinnern, wie viel ich hier in über zwanzig Jahren gelacht habe, wie viel gelebt. Ich kann schließlich überall daheim sein. Mama hat heuer das erste Mal Wildblumen gepflanzt.

© Hanna Littich 2021-08-12

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