Meine liebe Tochter….

SuzukiOma

von SuzukiOma

Story

Diese Geschichte möchte ich heute gerne Dir widmen, denn Du hattest am 24.August Geburtstag!

Nach einer Fehlgeburt im November 1968 war ich wieder schwanger. Die ganze Familie stand Kopf, die Freude war riesengroß. In diesem Taumel war mir jedoch voll bewusst, dass ich Dich und mich nicht in Gefahr bringen durfte, deshalb war Schonung das große Zauberwort.

Diese Schwangerschaft habe ich so genossen. Ich schwebte selig auf Wölkchen dahin, war stets fröhlich und alles um mich sah ich ganz einfach durch die rosarote Brille.

Sehr brav ging ich auch zur Schwangerschaftsgymnastik und muss schmunzeln, wenn ich denke, was Du schon alles mit mir erlebtest, bevor Du das Licht der Welt zu sehen bekamst. In zwei Chören durfte ich meine Stimme erklingen lassen und ich bin ganz sicher, Du hast bereits in mir mitgesummt.

Bei einem Ausflug des Kirchenchores war ein Fußballmatch gegen den dort ansässigen Chor angesagt und als Zuseher musste man natürlich fleißig die eigene Mannschaft anfeuern. Auch hier hatte ich gespürt, dass Du mit voller Kraft dabei warst, ich glaube sogar, Du wolltest ebenso Tore schießen, denn so mancher Stoß von Dir war zu spüren.

Ja, schöne Erlebnisse hatten wir beide genügend, ich kann mir vorstellen, dass dies auch der Grund war, warum Du so ein ausgeglichenes Kind warst. Nach der Geburt dann bereits zu Hause kehrte, nach der ersten Aufregung, wieder Ruhe ein und alles lief in geregelten Bahnen. Mein Gott, was warst Du nur für ein süßes Baby!

Bei der Taufe war die Kirche voller Menschen, die sich alle mit uns freuten und auch das war ein Grund fröhlich zu sein. Wenn wir die Großmütter oder die Großtanten und Onkels besuchten, wurdest Du natürlich herumgereicht, jeder wollte mit Dir kuscheln. Nonchalant hast Du alles über Dich ergehen lassen, ganz selten, dass Du geweint hast.

Und dann kam dieser fürchterliche Tag.

Ich war bei meiner Freundin und ihren beiden Kindern zu Besuch. Nachdem ich Dich gefüttert hatte und das übliche Prozedere des Aufstoßens vorbei war, hatten wir Dich in das große Bett zum Schlafen niedergelegt. Du hast zu Hause auch brav und lange geschlafen, daher war dies kein Problem, ich wollte noch schnell in der Zwischenzeit einkaufen gehen.

Meine Freundin hatte stets ein wachsames Auge auf Dich und beim Zurückkommen lagst Du unverändert brav in der Position, die Arme in der Höh‘ und Köpfchen zur Seite, so dass kein Grund zur Besorgnis war. Nach unserem Kaffeeplausch wollte ich Dich aufwecken, doch Du rührtest Dich nicht mehr!

Ich geriet in Panik, die Kinder mussten die Rettung anrufen, ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.

Wir fuhren zwar noch in die Klinik, aber nach langer, gründlicher Untersuchung konnte nur mehr Dein Tod festgestellt werden.

Für mich, Deinen Papa und die gesamte Familie hatte sich von einer Sekunde zur anderen die Welt verändert, sie war grau und leer. Du warst erst drei Monate!

Aber glaube mir, Du bleibst in unseren Herzen und ich denke an Dich, nicht nur zu Deinem Geburtstag!

© SuzukiOma 2020-08-26