MÜLLSAMMLER II

Hubert Thurnhofer

von Hubert Thurnhofer

Story
Wien

Wie jeder, der die Bibel gelesen hat, weiß, zweifeln auch große Propheten oft an ihrer Mission. Dem größten Vollidioten auf Gottes Erdboden geht es in der Hinsicht nicht besser.

Nach zehn Füllungen und Entleerungen eines Billa-Sackerls hat es langsam Löcher bekommen und ich habe ans Aufgeben gedacht.

Doch siehe da – und die Zweifler unter euch werden mir nicht glauben! – buchstäblich aus heiterem Himmel weht der Wind in dem Moment ein weißes Sackerl mit der roten Aufschrift H&M auf die an sich unbewohnte Insel! Ich weiß nicht, wofür „H“ steht, und ich werde an der Stelle auch niemandem meinen Vornamen verraten. Aber ich weiß, wofür der Buchstabe „M“ steht, wenn er auf einem unbefleckten, weißen Stück Polyactid aus dem heiteren Himmel herabschwebt.

In etwa einer Stunde, so lange wie ein Sonntagsgottesdienst dauert, wenn der Prediger nüchtern vor seine Gemeinde tritt, konnte ich die Insel in eine müllfreie Zone verwandeln.

Bei jenem Eistaucher, der seine blauen Boxershorts und die dazu passenden blauen Crocs, einen linken Stiefel sowie sein Handtuch nicht mehr auf der Insel vorgefunden hat, möchte ich mich entschuldigen. Aber ich hab bis zuletzt gewartet, diese Utensilien zu entsorgen. Für alle Fälle: sie liegen jetzt im mittleren der fünf Beton-Container!

Auch wenn ich dem Eistaucher wünsche, dass er seine Sachen wieder findet, so hoffe ich gleichzeitig, dass die Müllmänner so bald wie möglich kommen mögen, um mit ihrem Riesenstaubsauger die Betonmulden zu leeren.

Denn ich musste an der Stelle auch schon mal beobachten, wie eine Invasion russischer Nebelkrähen – wie ich heute weiß: von Putin höchst persönlich dazu angestiftet – nicht davor zurückschreckte, diese Müllmulden zu durchstöbern und alles aus den Mulden raus bugsierte, was nicht schmeckte.

Die Leser dieser Zeilen, die mir glauben, also genau genommen die Leser, die überhaupt glauben, mögen nun ein Gebet an den Heiligen Franziskus adressieren mit der Bitte, die russischen Nebelkrähen mögen in diesem Jahr an Wien vorüberziehen und direkt nach Washington fliegen.

Nachsatz: Brüder und Schwestern im Geiste! Spart euch nette Tipps, wie man die Krankheit eines exzessiven Sammlers heilen könnte. Ich weiß auch, dass man so die Probleme dieser Welt nicht lösen kann, und dass es besser wäre, wenn die Menschen ihren Mist nicht genau dort deponieren würden, wo sie abfeiern, so wie Ochsen immer dorthin scheißen, wo sie gerade stehen, aber ich fürchte, diese Menschen kann ich hier nicht erreichen. Zum Abschluss dieser Sonntagspredigt möchte ich euch aber sagen:

Nehmt euch den größten Vollidioten auf Gottes Erdboden zum Vorbild, statt ihm wertvolle Tipps mit auf den Weg zu geben! Denn ich glaube, wer die Natur liebt, sollte ihr das auch hin und wieder zeigen.


© Hubert Thurnhofer 2024-01-16

Genres
Humor& Satire
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Hoffnungsvoll
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