von Gerhard Maier
Ihr könnt euch sicher noch genau an meine Storys „Küche versus Auto“ erinnern. Was ist seither geschehen?
Also ich sage es offen heraus, meine Frau hat mich inzwischen verlassen und ich sitze in meinem Elend allein. Ich hoffe, es ist nur eine kurze Laune der Natur. Nicht bei meiner Frau, sondern bei meiner Schwiegermutter, die im fernen Traun in ihrer „Ruine“ haust. Seit Tagen berichtete sie über ihren angeschlagenen Gesundheitszustand. Gestern schien ein Punkt erreicht zu sein, der von den üblichen Schilderungen abzuweichen schien: Kein Gusto auf ein Glas Wein, Appetitlosigkeit, Fieber, der Arzt sagt Rotlauf, Corona hat er nicht getestet. Meine Frau fragte mich, was sie tun soll? Ich sagte: „Fahr und rette deine Mutter!“, dass ich es auch alleine schaffen muss und werde, ist ohnehin klar.
Denn in unserer „Ruine“ geht es seit zehn Tagen rund. Eigentlich ist ja nur eine neue Küche geplant, aber es wächst sich aus. Eigentlich wollte ich alle Vorarbeiten selbst machen, zumindest wollte ich eine Nische ausstemmen und die Türleibung nachflexen. Früh genug stellte ich aber fest, dass die Flex sehr schwer ist, da hätte auch keine Tätowierung auf meinem Bizeps geholfen. Als Plan-B kamen zwei starke bosnische Männer zum Einsatz. Elektriker frästen Schlitze und bauten eine Neuinstallation auf. Danach kam tagelang der Maler, erst Löcher schließen, dann immer wieder spachteln, am Sonntagabend war endlich mit dem Malen Schluss. In den Zwischenzeiten, wenn sich der Staub gelegt hatte, durften wir die Küche nutzen, Kühlschrank, Herd und Geschirrspüler waren ja noch intakt. Bis gestern.
Gestern Montag war dann der erste richtige Großkampftag. In aller Früh räumte ich mit der Schneeschaufel den Vorplatz. Die Elektriker kamen als Erste, die wollten plötzlich überall hin in Haus und Garage, weil sie zusätzlich auch die „Wallbox“ für das Elektro-Auto montieren mussten. Sicherungen raus und wieder rein, alle Geräte piepsten regelmäßig, alle digitalen Uhren waren verstellt. Die Küchenmänner aus OÖ rissen jetzt endgültig die letzten funktionsfähigen Geräte weg, die kleine Küche im Büro muss für den Notbetrieb reichen. Gestern Abend, als der letzte Handwerker das Haus verlassen hatte, konnte ich die Türen schließen und es mir in den ausgekühlten Räumen gemütlich machen.
Und in dem Schlamassel hat mich meine Frau verlassen, überraschend und ungeplant. Meine heutigen Termine muss ich schmeißen, ich habe kein Auto, um dorthin zu gelangen, das steht ja in OÖ. Und unser Elektro-Auto steht noch beim VW und wartet darauf, dass ich es bei unserer neuen „Wallbox“ anstecke, die Verbindung zur Photovoltaik wäre ja ab heute intakt. Möge bald der Strom vom Himmel fallen.
Aber all das sind nur Nebenerscheinungen. In Gedanken bin ich bei meiner Schwiegermutter in OÖ, ich wünsche uns, dass es ihr bald wieder gut geht. Meine Frau hat gestern zwei Corona-Tests mitgenommen, ihre Mutter und sie waren negativ. Das ist ja auch schon eine gute Meldung.
© Gerhard Maier 2021-01-19