von Roman Scamoni
Der wahre Fußball wird nicht in den glitzernden Arenen dieser Welt gespielt, sondern auf den unebenen, oft von Maulwürfen sabotierten Plätzen des Amateurbereichs. Dort, wo der Torwart nach Spielende noch selbst das Netz flickt und der Trainer gleichzeitig Platzwart und Bratwurstgrillmeister ist. Denn was haben wir im professionellen Fußball? Exzentrische Milliardäre, die ihre Klubs als Spielzeuge behandeln, globale Konzerne, die Fußballspiele als Marketingkampagnen inszenieren, und Investoren, die mit der Empathie eines Terminators den letzten Cent aus Vereinen pressen. Fußball ist dort längst ein Produkt geworden – und die Fans? Die dürfen sich brav als Konsumenten zum Merchandise-Stand schleppen, wo das neueste Trikot schon für 99,99 Euro zu haben ist. Schnäppchen, oder? Die Spieler hingegen werden auf dem modernen Sklavenmarkt des internationalen Spielerhandels dargeboten. Vereine, Geldgeber, Spielerberater – alle reißen sich die sprichwörtliche Decke übers Bett und am Ende liegt der Spieler frierend da, mit einem Vertrag in Katar und der Aussicht, sich mit 24 in Rente schicken zu lassen.
Darum ist es ein Grund zur Freude, wenn der eigene Verein sich – natürlich aus Prinzipien und nicht aufgrund sportlichen oder wirtschaftlichen Scheiterns – von diesem Zirkus endgültig verabschiedet. Und zwar erhobenen Hauptes und mit Stil. Arrivederci Champions League. Hallo Landesliga! Und ja, es fühlt sich gut an. Fast schon … poetisch.
Kennt ihr die Fabel des griechischen Dichters Äsop? Er schrieb sie vor 2600 Jahren über einen Fuchs, der vergeblich versucht, Trauben an einem Weinstock zu erreichen. Aber er ist zu klein – die Trauben hängen zu hoch. Der Fuchs gibt sein Unterfangen auf und verkündet ungehalten: „Die sind gewiss noch nicht reif. Und ich mag keine sauren Trauben.“ Und plötzlich steht die Frage im Raum: Sind wir, die Fans eines Klubs wie dem FC Wacker Innsbruck, am Ende nur verkleidete Füchse, die sich nach verpassten Trophäen und leeren Kassen einreden, dass der Amateurfußball eh viel schöner ist?
Natürlich nicht. Es mag sein, dass der Rückzug in die fünfte Liga nicht ganz freiwillig erfolgt ist. Es mag auch sein, dass viele im Umfeld des Vereins sich nach internationalen Spielen, vollen Stadien und glänzende Trophäen sehnen. Aber der Amateurfußball hat seinen eigenen Charme. Hier kennt man die Vereinsfunktionäre noch persönlich, es gibt Würstchen vom Grill, die tatsächlich schmecken, und der Eintritt kostet weniger als eine Flasche Wasser in der Bundesliga. Als Traditionsverein ist man ein gern gesehener Gast im ganzen Land. Nicht nur, weil man so gut spielt, sondern weil man als Traditionsverein ein bisschen Glanz ins lokale Geschehen bringt – die Punkte nimmt man als Gast trotzdem gerne auch mit.
Am Ende geht es doch darum, was Fußball ausmacht: Gemeinschaft, Leidenschaft und ein bisschen Chaos. Also, liebe Wacker-Fans und alle anderen, die den ehrlichen Fußball lieben: Haltet die Fahnen hoch, genießt die Grillwürstchen und freut euch über jedes knallharte 2:2 auf dem Dorfplatz. Denn das ist Fußball, wie er sein sollte – frei, wild und vielleicht ein bisschen sauer.
© Roman Scamoni 2024-12-05