von Andrea Plank
Freilich freut man sich Ende 40 mordsmĂ€Ăig darĂŒber, welch Kurvenlagen der Körper noch hinknallen kann. Und diese Abwechslung! Manchmal ist der Allerwerteste verbeult, kaum renkt sich das ein, schwillt das Augenlid, das Kreuz gibt Laut, TrĂ€ume werden wirr, die Bauchdecke strebt nach Höherem, die TrĂ€nensĂ€cke suchen Bodenkontakt, der Damenbart wird rasierresistenter stachelig.
Frau muss schon ein extraordinĂ€r ausgeglichenes Kerlchen sein, um nicht rund um die Uhr freudeschwitzend nackig durch die StraĂen zu schieĂen. Nur gut, dass man ausschlieĂlich ĂŒber den Jahreswechsel spricht.
Solch ein Zustand erscheint ideal, um sich noch ein herzzerreiĂendes letztes Mal mit der MĂ€nnerwelt zu beschĂ€ftigen. Denn vielleicht haben ja doch alle recht, dass allein sein krank ist. Ein Rundumblick bestĂ€tigt: Lauter strahlende Vierbeiner unterwegs. Und das ausnahmslos, falls ich die mittlerweile notwendigen Kontaktlinsen nicht benutze.
Sonnenscheinig tongle ich also durch die MĂ€nnerwelt. Ausgeglichen. Vorurteilsfrei. Unbeschadet. Sowas von eins mit etwaigen missglĂŒckten Episoden im Damals. Willig. Offen. Bereit. Freudig.
Der Eine ist mir zu offensiv. Versteift sich gebetsmĂŒhlenartig auf ein allereinzigstes Thema. Im Sekundentakt. âWas ist das Problem? Wasisdasproblem? Waaaaasisdasproooooblem???â, fragt der frischgebackene DreiĂigjĂ€hrige. Ich versuche es fraulich. Nett halt. ErklĂ€rend. Dann ist meine Kaffeetasse leer. ZugegebenermaĂen wohlig vereinen sich aus heiterem Himmel in einem finalen Furiosum explosionsartig Augenblitze mit âDu musst lernen, das Nein einer Frau zu akzeptieren.â Gefolgt von Schulterklopfen und besten WĂŒnschen fĂŒr die Zukunft.
Der Andere hat schlechte ZĂ€hne. Sehr schlechte. Ruinenartig. Allein der Gedanke, mit meiner Zungenspitze nur in die NĂ€he dieser scharfkantigen UngetĂŒme zu stolpern und in direkte Konkurrenz mit inniglichst liebkosender Plaque zu treten, kontrahiert sĂ€mtliche Muskeln oberhalb der GĂŒrtellinie. Trotzdem wehre ich seinen bevorzugten Körperkontakt – neben zusehraufdiepellerĂŒcken – den fliegenden Zeigefinger, der vorlieblich in die Stelle zwischen SchlĂŒsselbein und Brustwarze eindringt, noch im Flug smashig ab.
Der Dritte im Bunde. Bei dem freut sich mein Herz endlich wieder einmal zu holpern. Ich gestehe. Dann setzt es aus. Bei der AnkĂŒndigung eines Ăberraschungsbesuchs. SchlieĂlich schlĂ€ft es ob flĂ€chendeckender PassivitĂ€t ein und findet Krönung bei der lieblichen Aufforderung, ihm doch einen erleichternden Ort zu finden, er mĂŒsse mal. Essen, gehen, sich waschen und anziehen, das kann er aber schon allein, beruhige ich meinen losgaloppierenden Zorntsunami. Rechtschaffen erstaunlich fĂŒr das zarte Alter von 58.
âWas ist nur los mit den Kronjuwelen der Schöpfung?â, frage ich den beschlagenen Spiegel nach dem Duschen, wĂ€hrend ich beim Eincremen den Bauch einziehe und meine faltenfreie Silhoutte wertschĂ€tze.
© Andrea Plank 2020-05-24