von Valerie Vonroe
Ich „puzzle“ mir ein besseres Leben.
Ich wĂĽrde so gerne meditieren können. Meditation bewirkt so viel Gutes im Leben, aber ich bin da ganz schlecht drinnen. Stärkung der Gesundheit, Stressabbau, Steigerung der Konzentrationsfähigkeit – einfach wohler fĂĽhlen – soll mit täglicher Meditation gelingen. Da wir nicht „Nichts“ denken können, soll der Geist fokussiert und somit beruhigt werden. Zehn Minuten schlampige Meditation versus 23.50 Stunden im beinharten Leben, das nĂĽtzt meinem Bewusstsein nicht sehr viel.
Es geht darum, die Gehirnhälften zu verbinden. Intuition und Logik vereinen – dann das Gehirn ruhig zustellen und in die Wahrnehmung zu kommen. Klingt einfach, ist es aber nicht (für mich). Und da es ja für alles im Leben Hilfsmittel zur „Zielerreichung“ gibt, bin ich auf Umwegen zum Puzzeln gekommen. Mein letztes derartiges Erlebnis hatte ich wahrscheinlich so mit meinem fünften Lebensjahr, bis das Enkerl meiner Freundin mit hundert Teilen eines Einhorns „überfordert“ war. Während sie bereits in der Puppenküche beschäftigt war, ließ es mich nicht mehr los. Ich wollte das Puzzle unbedingt zu Ende bringen. Und selbst in diesem Tohuwabohu aus Kinderkreischen, Hundegebell und Anweisungen der Omi, gelang es mir, mich zu konzentrieren.
Es gibt sie also scheinbar schon immer und sie werden stetig dem Zeitgeist angepasst. Erstaunlicherweise ist der Verkauf in den letzten Jahren stark angestiegen, ergab meine Recherche. Mini-Puzzles fĂĽr zwischendurch 3D Varianten und sogar einfarbige Vorlagen werden neben den Erwachsenenpuzzles mit hundert bis zu vierzigtausend Teilen angeboten.
Ich war Feuer und Flamme und startete mit einem tausend Teile Puzzle, die Auswahl fiel mir schwer – das Angebot ist riesig. Wie beim Meditieren ist es ratsam, sich einen eigenen Platz zu schaffen.
Schon vor meinem Start als Puzzlerin wusste ich, ich will meinen sichtbaren ersten Erfolg nicht einfach wieder zerstören, sondern ihn als Bild an der Wand platzieren. Mein tausend Teile Motiv war in drei Tagen fertig, ich fühlte mich sehr gut. Zwischenzeitlich bezeichne ich mich als Puzzlemeditationsprofi, die Wände in meiner Wohnung werden knapp.
Und so wurde puzzeln zu meiner ganz persönlichen Meditation, die ich nicht mehr missen möchte.
Was alle Varianten vereint, es fokussiert die Konzentration und vermittelt das GefĂĽhl aus einem Chaos ein geordnetes Bild zu schaffen. Ein perfekter Ausstieg aus der Denkspirale, eine andere Art der Meditation, was eigentlich bedeutet ich konzentriere mich nur auf einen Gedanken.
Es ist ein Suchen und Finden, das kann im Leben weiterhelfen. Am Ende steht ein Erfolgserlebnis. Wie im richtigen Leben passt jedes einzelne Teil nur an einer Stelle, das gilt es zu akzeptieren. Selbst wenn wir versuchen mit Gewalt ein „falsches“ Teil hinzuquetschen, ist es mit Garantie falsch, auch wenn man es noch so sehr glauben möchte.
© Valerie Vonroe 2022-11-01