Schlüssellochgucker und ihre Folgen ;)

Silke Wrbouschek

von Silke Wrbouschek

Story

In unserer Familie war es üblich, dass meine Schwester und ich jahrelang ans Christkind glaubten, bis ins Teenageralter durften wir nicht beim Christbaumaufputz dabei sein. Wir hatten zwei Kinderzimmer, eines davon, wurde am 24.Dezember, nach dem wir Kinder beim Frühstück saßen, versperrt. Es hieß, Auftrag vom Christkind.

Wir Kinder sind aufgeregt, nervös und ja, die Vorfreude, endlich unsere Päckchen auszupacken, spiegelte sich in unserem Verhalten, in unserem Gerede und der Neugierde. Die Zimmertüre hatte noch das alte Schlüsselloch. Dass, wo man durchsehen konnte.

Meine kleinere Schwester tippte mir irgendwann mal auf die Schulter und sagte:“ Komm mit, wir schauen wie viele Packerl heuer unter dem Christbaum liegen! Wir guckten durchs Schlüsselloch, vielleicht kann ich eines meiner Wünsche erkennen!”

Gesagt, getan! Die Eltern erwischten uns prompt. Papa war ziemlich sauer, außerdem dürfte er der Einzige sein, der den Schlüssel hat fürs Kinderzimmer. Da wo jetzt gerade das Christkind drin ist.

“Schwesterchen, kannst du was sehen?”“Nein, nichts. Das Schlüsselloch wurde mit Watte ausgestopft.”“Mist! Hast du was erkennen können?”“Nur den Christbaum.““Wir könnten von draußen durchs Fenster schauen. Ich helfe dir rauf. Vielleicht sehen wir von da mehr!” gab ich meine tolle Idee meiner kleinen Schwester weiter.

Im nächsten Moment, als wir gerade die Haustüre öffneten, hörten wir:“ STOP! Wo wollt ihr hin?“ Die etwas genervte Stimme von Mama.

“Nach draußen, nach dem Christkind suchen!” versuchte es meine Schwester.

“Nein, ihr bleibt hier. Wir gehen gleich zur Kindermette. Ihr müsst euch noch fertig machen. Außerdem, wenn ihr glaubt, durchs Fenster zu schauen, da hat das Christkind ein großes Tuch vorgehängt. Es hat ja mitbekommen wie neugierig ihr seid.”

Genervt trotteten wir Kinder in die Kindermette, vergaßen dennoch schnell unsere Geschenke, erfreuten uns am Weihnachtsessen und warteten gespannt auf das Klingeln der Weihnachtsglocke, das Zeichen, dass die Bescherung beginnen kann.

Beim Eintritt leuchteten unsere Kindergesichter vor Aufregung. Das änderte sich schnell. Wir sahen einen Weihnachtsbaum mit brennenden Kerzen darauf, schön geschmückt, jedoch keine Päckchen drunter. Unsere Eltern taten so als wäre alles in Ordnung. Wir wurden aufgefordert, Weihnachtslieder zu singen, die Gedichte aufzusagen, dass Evangelium zu lesen.

Meiner Schwester sang extra falsch, ihr war der Trotz ins Gesicht geschrieben. Ich selbst schluckte, kämpfte mit den Tränen und versuchte trotzdem “Stille Nacht, Heilige Nacht“ zu singen.

“Das Christkind ist immer noch unterwegs, hatte noch keine Zeit zu uns zu kommen! Reißt euch zusammen!”

Als die Zeremonie vorbei war, beobachtete ich, dass unsere Eltern sich heimlich zuzwinkerten. Da öffnete unsere Mama den Kleiderschrank und dieser war über und über voll mit Geschenken.Wir Kinder erkannten unser Glück und änderten das Verhalten.

© Silke Wrbouschek 2020-12-01