Marc stoppte kurz, als sie vor der Scheune standen. âSollen wir durchs Fenster sehen und schauen, ob er da ist?â, fragte er vorsichtig. âOder willst du bei mir ĂŒbernachten? Mein Mitbewohner wird heute nicht mehr kommen. Er hat andere PlĂ€ne.â âIch weiĂ nicht, das ist doch lĂ€cherlich! Das ist schlieĂlich mein Zimmer!â âWillst du ihn sehen oder nicht? â âNein!â âDa haben wir also die Antwort! Du kommst mit mir.â, sagte Marc entschlossen und ging in Richtung EingangstĂŒr zu seinem Apartment. Sara war so ĂŒberrumpelt, dass sie keine andere Wahl hatte, als ihm zu folgen. âDu schlĂ€fst im Bett und ich nehm‘ die Couch.â, erklĂ€rte er ihr, als er die TĂŒr öffnete, um Sara langsam hineinzufĂŒhren. Die Wohnung sah genauso aus, wie die von Sara, so wie es ihr ihre Schwester erzĂ€hlt hatte. Der angenehme Duft von Marcs Parfum fĂŒllte den ganzen Raum und jagte Sara einen Schauer ĂŒber den RĂŒcken. In diesem Moment wurde ihr bewusst, wo sie gerade war und was sie da gerade tat. âKomm rein, möchtest du vielleicht noch ein Glas Wasser, bevor du schlafen gehst?â âJa, gerne.â Saras Mund war komplett ausgetrocknet, aber ihre MĂŒdigkeit war mit einem Schlag verschwunden. Ihr Herz klopfte wie wild, irgendwie fĂŒhlte es sich verboten an, hier zu sein. Wie sollte sie sich verhalten? Wo sollte sie stehen? Sollte sie sich setzen? Sie konnte doch nicht nackt in seinem Bett schlafen! Ihre Sachen waren schlieĂlich alle in ihrem Zimmer. AuĂerdem, was wĂŒrde wohl Alex denken, wenn er mitbekommen wĂŒrde, dass Sara die Nacht hier verbracht hatte? Sara zog in ErwĂ€gung, doch wieder hinĂŒber in ihre Wohnung zu gehen. âIch hol‘ nur schnell mein Zeug von oben, dann kannst du in Ruhe schlafen.â, riss Marc sie aus ihren Gedanken. âAch weiĂt du, ich glaube, ich gehe doch wieder hinĂŒber. Ist doch egal, wenn er da ist, oder? Wir sind doch alle erwachsen. Ich sollte mich nicht so anstellen.â In Marcs Augen blitzte etwas auf, Sara konnte nicht ganz deuten, was es war. EnttĂ€uschung? Sorge? Angst? âWie du meinst, aber es ist wirklich kein Problem, wenn du hier bleibst.â Da dĂ€mmerte es ihm langsam. âOder hast du etwa Angst, er könnte dich morgen FrĂŒh hier erwischen?â âIch will nur nicht unnötig Ăl ins Feuer gieĂen.â âDu bleibst hier. Komm‘, ich bring‘ dir frische HandtĂŒcher.â âAch weiĂt du, ich habe meine ZahnbĂŒrste ja gar nicht dabei und meine Sachen zum Abschminken.â Sara wollte schon zur TĂŒr hinausgehen als Marc sie zurĂŒckhielt. âZum GlĂŒck habe ich immer eine ErsatzzahnbĂŒrste dabei.â, konterte er schnell. Sara musste sofort an seinen perfekt sortierten Koffer in London denken. War doch klar, dass er an alles gedacht hatte. Sie entzog sich ihm und warf ihm einen scharfen Blick zu. Es war kein Wort mehr nötig, aber er wusste, dass er zu weit gegangen war und lieĂ sie schlagartig los, als hĂ€tte er sich an ihrer Haut verbrannt. Schnell ging sie die Treppen hinunter in Richtung TĂŒr. Marc folgte ihr und sagte mit ruhiger, aber bestimmter Stimme: âDu solltest wirklich hierbleiben.â, wagte es dabei aber nicht, sie wieder festzuhalten. âDanke, ich glaube, ich kann selbst auf mich aufpassen.â Sara wollte nur noch raus hier. Vielleicht war ihr stĂ€ndiges Herzklopfen in seiner Umgebung ein Warnsignal ihres Körpers. Vielleicht war das so etwas wie Intuition. Sara wurde alles zu viel, sie schnappte sich ihre Tasche und ging schnellen Schrittes zur TĂŒr hinaus. Sie warf einen Blick ĂŒber die Terrasse in ihr Apartment. Es schien niemand hier zu sein. Sara ging zur EingangstĂŒr, öffnete sie und trat hinein.
© Stephanie Grossauer 2023-08-25