Die erste Zeit besuchte ich die Physio-Therapie weiter im Krankenhaus. Dort wurde weiter an meinem Gleichgewichtssinn trainiert. Aber auch wurde meine verspannten Nacken- u. Rückenmuskeln massiert oder mit speziellen Geräten gelockert. Als das Gleichgewicht wieder klappte, schlug der Therapeut vor, mich an meinem Wohnort an einen Physiotherapeuten weiterzuleiten. Anfangs hatte ich je drei Termine pro Woche, die ich sehr genoss. Die Massage wirkte sich an meinem lädierten Schulter- u. Nackenbereich positiv aus. Aber was ich merkte, war auch das Interesse am Massieren als Tätigkeit. Ich achtete sehr wie der Therapeut es ausübte.
Neben der Therapie verbrachte ich die meiste Zeit mit meiner Mutter. Als wir wie oft bei schönem Wetter spazierengingen und an einer Kuhweide vorbeikamen. Rümpfte meine Mutter lachend die Nase und beklagte sich, dass es schrecklich nach Landwirtschaft stank und auf einer der braunen Kuhfladen zeigte. Ich wunderte mich und meinte, dass ich nichts rieche. Für mich ließ sich nichts erschnüffeln. Da ich ja zu dieser Zeit unter Pollenallergie leide verbuchten wir meine fehlende Riechfähigkeit dieser Allergie zu.
Als ich einige Schritte weiter aber nicht einmal den Gülle-Wagen riechen konnte, fanden wir es beide mehr als komisch.Zurück daheim, ging ich wie üblich wieder in mein Zimmer, um Musik zu hören. Doch schon wenige Minuten später rief mich meine Mutter in die Küche.
Wie ich zu ihr trat, zeigte sie auf drei Trinkgläser, welche jedes zur Hälfte mit Wasser gefüllt waren. Sie bat mich, vom ersten zu versuchen. Ich trank das Glas in einem Zug aus. Meine Mutter hustete kurz, was mir da noch nicht auffiel. Da ich durstig war, nahm ich das nächste und trank auch dieses leer. Meine Mutter sagte noch immer nichts dazu und bat mich auch das letzte noch zu trinken. Ich wusste zwar nicht was sie damit bezweckte, nahm also das dritte Glas und trank auch dieses leer.
Nun wollte ich aber endlich wissen was das soll. Lachend hob sie fast schon mitleidig das erste Glas und fragte mich, ob ich wirklich nicht wisse was ich da getrunken hätte. Ich schüttelte ehrlich den Kopf. Meine Mutter räusperte kurz.
Nach einem Blick zum ersten Glas zeigte sie mir mit dem Finger wie viel Salz sie in dieses gegeben hatte. Ich riss die Augen auf und konnte es nicht fassen, dass ich gerade ein Glas mit fast so viel Salz wie Wasser trank. Doch kein Bisschen davon bemerkte! Für mich war da einfach nur Wasser drin. Prima jetzt zu Glas zwei. Dort hatte ich genau so das Gefühl nur pures Wasser zu trinken. Weit gefehlt. Mutter deutete wieder mit dem Finger an, dass in diesem Glas zuerst die Hälfte davon mit Zucker gefüllt wurde. Danach gleich viel Wasser dazu. Nur mit dem letzten Glas hatte ich recht. Da war wirklich nur Wasser drin. Nach diesem Selbsttest wussten wir beide, etwas konnte da nicht stimmen. Hatte ich keinen Geschmacksinn mehr? Wir wollten es noch genauer wissen und sie hielt mir verschiedene Gewürze unter die Nase. Nix! Ich roch kein Gewürz!
© Désirée Badertscher 2021-02-04